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Agentic AI schreibt neue Regeln: Wie KI das Gründen verändert

Generative und agentische KI verändert die Logik des Gründens. Start-ups skalieren schneller, müssen allerdings auch früh Enterprise-Standards erfüllen.

Auf der jährlichen Hausmesse der Amazon-Tochter AWS wurde dieses Jahr deutlich, wie radikal sich die Start-up-Landschaft derzeit wandelt. Zwischen Produktneuheiten, Partnern und Kunden prägten vor Ort hauptsächlich junge Unternehmen das Bild. Der entscheidende Unterschied zu früheren Gründergenerationen liegt dabei im Tempo ihrer Ideenumsetzung.

Prototypen, Produktversionen und tiefe Analysen, aber auch der Weg zur Marktreife und Unternehmenswachstum gelingen schneller als je zuvor. Ein Trend, den auch Jason Bennett, Global Vice President of Start-ups und Venture Capital bei AWS, beobachtet. Junge, KI-native Unternehmen wachsen in Geschwindigkeiten, die früher undenkbar waren. „Sie können in nur wenigen Monaten nahezu exponentiell skalieren“, sagt Bennett.

Der Treiber dieser Entwicklung ist der Einsatz generativer KI (GenAI). Diese Entwicklung hat direkte Konsequenzen für Gründer: Es bleibt weniger Zeit für iteratives Lernen, die klassische Ramp-Up-Phase entfällt. Zudem gibt es höhere Anforderungen an die initiale Architektur und ein schnellerer Übergang vom Prototyp zur produktiven Infrastruktur wird erforderlich. Junge Unternehmen müssen vom ersten Tag an Enterprise-tauglich sein.

Neue Finanzierungsdynamik

Die größte Auswirkung von generativer KI im Start-up-Bereich ist jedoch eine drastisch erhöhte Kapitaleffizienz. Kleinere Teams können laut Bennett mit KI-Tools mehr Output generieren und somit länger eigenfinanziert bleiben. Das verbessere die Verhandlungsposition gegenüber Investoren.

Zudem sei schneller ein Minimum Viable Product (MVP), gar ein Minimum Lovable Product (MLP) zu erreichen. Geschwindigkeit ist hierbei Währung. Je früher das Produkt am Markt ist, desto schneller erhalten Start-ups essenzielle Kundeneinsichten, die für die weitere Ausrichtung unerlässlich sind. Der Fokus verschiebt sich dabei spürbar. Es geht nicht mehr nur um technische Machbarkeit, sondern darum, sofortigen Mehrwert zu schaffen. Das MLP wird zum neuen Standard.

Gleichzeitig ist die Venture-Capital-Landschaft restriktiver geworden. Nach Jahren hoher Bewertungen ohne klare Monetarisierungspfade fordern Investoren heute valide Business Cases. „Zahlreiche Unternehmen haben sich an Ausgaben ohne ROI verbrannt“, berichtet May Habib, CEO von Writer AI. Besonders betroffen seien hiervon Deep-Tech-Start-ups mit langen Entwicklungszyklen. Sie können nicht die schnellen Erfolge von Software-Start-ups vorweisen.

Von Automation zu autonomen Agenten

Doch GenAI ist nicht die letzte Ausbaustufe. Die nächste Entwicklung ist bereits sichtbar: Agentic AI. Diese KI-Systeme gehen über einfache Automatisierung und auch über klassisch generative Anwendungen hinaus. Sie planen, überlegen und reflektieren, um ihre Ziele zu erreichen. Schon heute lassen erste Unternehmen Anwendungen, Präsentationen oder Reports on demand durch Agenten erstellen.

Allerdings ist das nicht ohne Risiko. Bei aller technologischen Raffinesse, Agenten sind nicht fehlerfrei. Man muss sich der Auswirkungen falscher Antworten bewusst sein, diese erkennen und das Risiko managen können. Auch wenn erste Ergebnisse beeindruckend sind, je komplexer ein solches System, desto schwieriger werden Nachvollziehbarkeit und Kontrolle.

Personalstrategie im Umbruch

Die Einführung von KI-Technologien, insbesondere von Agentic AI, wirft also auch heikle Fragen auf. Einige Gründer berichten von Anfragen, einen großen Teil der Belegschaft zu eliminieren. Jedoch ist dies laut Habib, zumindest langfristig, der falsche Weg. Es benötigt eine durchdachte Strategie. Die Technologie sollte bestehende Teams befähigen und entlasten, nicht einfach ersetzen. Unternehmen, die KI strategisch einsetzen, um ihre Mitarbeiter produktiver zu machen, haben auf lange Sicht bessere Chancen als jene, die primär auf Personalabbau setzen.

agentische versus generative KI
Abbildung 1: Agentische und generative KI sind zwei Trends, welche die Unternehmenswelt aktuell prägen. Beide Technologien unterscheiden sich aber voneinander.

Beschleunigte Transformation

Generative KI verändert grundlegend, was es bedeutet, ein Start-up zu gründen und zu skalieren. Agentic AI wird diese Transformation in den kommenden Jahren nochmals beschleunigen und verstärken. Schnellere Entwicklung bei geringerem Personalbedarf, verschobene Geschäftsmodelle und permanenter Innovationsdruck zeichnen die neue Realität. Die Herausforderung ist, sie strategisch einzusetzen, um im beschleunigten Wettbewerb zu bestehen.

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