Definition

Multicast

Was ist Multicast?

Multicast ist eine spezielle Netzwerktechnologie, die für die gleichzeitige Übertragung von Daten an eine definierte Gruppe von Empfängern entwickelt wurde. Im Gegensatz zu Unicast, bei dem jedes Gerät einzeln angesprochen wird, und Broadcast, bei dem alle Geräte im Netzwerk Daten erhalten – unabhängig davon, ob sie sie benötigen –, ermöglicht Multicast eine gezielte, bandbreitenschonende Kommunikation mit mehreren Empfängern gleichzeitig. Besonders bei datenintensiven Anwendungen wie IPTV oder Live-Streaming sowie in großflächigen IoT-Installationen zeigt sich die Effizienz dieses Verfahrens, da nur ein einziger Datenstrom erzeugt wird, der über die Infrastruktur intelligent verteilt wird.

Wie funktioniert Multicast?

Die technische Grundlage von Multicast liegt in speziellen IP-Adressbereichen. Im IPv4-Adressraum sind Multicast-Adressen zwischen 224.0.0.0 und 239.255.255.255 reserviert. In IPv6-Systemen beginnt jede Multicast-Adresse mit dem Präfix ff00::/8.

Diese Adressen kennzeichnen Datenpakete, die nur an jene Empfänger übermittelt werden, die einer bestimmten Multicast-Gruppe beigetreten sind. Dieses Gruppenprinzip sorgt dafür, dass Geräte nur die Informationen empfangen, die sie tatsächlich interessieren – ein zentraler Unterschied zum Broadcast, bei dem sämtliche Geräte im Netzwerk Daten erhalten.

IPv6 nutzt Multicast nicht nur für Anwendungsdaten, sondern auch für grundlegende Funktionen wie das Neighbor Discovery Protocol (NDP), wodurch klassische Broadcast-Verfahren wie ARP im IPv6-Umfeld entfallen.

Warum Multicast so effizient ist

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht den Vorteil von Multicast besonders anschaulich: Angenommen, ein Server soll einen Livestream an 1.000 Zuschauer übertragen. Mit Unicast müsste der Server 1.000 einzelne Datenströme aufbauen, was enorme Ressourcen beanspruchen würde. Bei einem Broadcast würden hingegen alle Teilnehmer, auch nicht interessierte, die Daten empfangen, was zu einer Netzüberlastung führen kann. Multicast hingegen ermöglicht es, einen einzigen Datenstrom zu senden, der von den Netzwerkkomponenten nur an jene Geräte verteilt wird, die sich aktiv zur entsprechenden Multicast-Gruppe angemeldet haben. So wird Bandbreite gespart und gleichzeitig eine hohe Verfügbarkeit gewährleistet.

Multicast im IPv6-Zeitalter

Mit IPv6 wurde Multicast zu einem zentralen Baustein der Netzwerkkommunikation. Anstatt auf ineffiziente Broadcasts zu setzen, nutzt IPv6 gezielt Multicast-Adressen, etwa für automatische Geräteerkennung oder Konfigurationsdienste. Ein gutes Beispiel dafür ist die sogenannte Solicited-Node-Multicast-Adresse. Sie ersetzt im IPv6-Kontext das klassische ARP-Protokoll aus IPv4 und ermöglicht eine gezielte, netzwerkschonende Kommunikation zwischen Endgeräten und Routern.

Durch den Wegfall von Broadcasts erhöhen sich in IPv6-Netzwerken die Skalierbarkeit und die Sicherheit, da unnötiger Datenverkehr unterdrückt wird.

5G und Multicast

Mit dem Ausbau der 5G-Technologie gewinnt Multicast erneut an strategischer Bedeutung. Die hohe Bandbreite und geringe Latenz von 5G ermöglichen die nahezu Echtzeit-Übertragung großer Datenmengen an zahlreiche Endgeräte. Genau hier spielt Multicast seine Stärken aus. Anwendungen wie autonomes Fahren, vernetzte Verkehrssysteme, IoT-Kommunikation oder Remote-Monitoring in Industrieanlagen profitieren enorm davon. Dank 5G lassen sich Inhalte effizient an viele Empfänger gleichzeitig verteilen, ohne die Infrastruktur unnötig zu belasten.

In diesem Zusammenhang ist besonders das 5G-Feature FeMBMS (Further evolved Multimedia Broadcast Multicast Services) wichtig, das Multicast für mobile Netzwerke neu definiert. Es wurde speziell für Video-Streaming und öffentliche Sicherheitsszenarien konzipiert.

Multicast-Protokolle

Für die technische Umsetzung von Multicast sind spezifische Protokolle erforderlich.. Das bekannteste ist das Protocol Independent Multicast (PIM), das Multicast-Routing unabhängig vom zugrunde liegenden Routingprotokoll ermöglicht. Auf Endgeräte-Ebene kommen im IPv4-Umfeld das Internet Group Management Protocol (IGMP) und im IPv6-Umfeld das MLD-Protokoll (Multicast Listener Discovery) zum Einsatz. Diese Protokolle ermöglichen es Routern, zu ermitteln, welche Geräte an welchen Multicast-Gruppen teilnehmen wollen, und sorgen dafür, dass die Daten zielgerichtet verteilt werden.

IGMPv3 bzw. MLDv2 erlauben eine präzisere Steuerung der Datenströme durch Source-Specific Multicast (SSM). Dabei wird neben der Zieladresse auch die Quelle der Daten spezifiziert.

Multicast in modernen Netzwerken

Mit der Einführung von Technologien wie Software-Defined Networking (SDN) und Network Function Virtualization (NFV) erfährt Multicast eine neue Dynamik. Statt statisch definierter Routing-Pfade können Multicast-Strukturen nun dynamisch angepasst werden – etwa abhängig von Auslastung, Standort oder Anwendungstyp. Das macht Multicast nicht nur skalierbarer, sondern auch robuster gegenüber Netzwerkveränderungen. Besonders in Cloud- und Rechenzentrumsumgebungen spielt diese Flexibilität eine zunehmend wichtige Rolle.

Auch Application Layer Multicast (ALM), bei dem Multicast auf der Anwendungsebene simuliert wird, gewinnt an Bedeutung – etwa dort, wo IP-Multicast nicht verfügbar ist, etwa in vielen öffentlichen Cloud-Umgebungen.

Wo Multicast besonders sinnvoll ist

Multicast findet in einer Vielzahl von Szenarien Anwendung, in denen viele Nutzer oder Geräte gleichzeitig dieselben Informationen benötigen. Dazu zählen nicht nur IPTV-Übertragungen oder Börsendaten-Feeds, sondern auch die Softwareverteilung, die Dateisynchronisation oder die zentrale Steuerung großer IoT-Flotten. Insbesondere bei Firmware-Updates für viele Geräte oder bei verteilten Sensornetzwerken erweist sich Multicast als effizienter als Unicast-basierte Alternativen.

Fazit

Mit steigenden Anforderungen an Bandbreite, Effizienz und Skalierbarkeit bietet Multicast eine elegante Lösung für komplexe Netzwerkaufgaben. Ob im Rechenzentrum, in Mobilfunknetzen oder in industriellen IoT-Szenarien – Multicast ermöglicht eine zuverlässige, leistungsstarke und zugleich ressourcenschonende Kommunikation. In Kombination mit 5G, IPv6 und modernen Virtualisierungstechniken ist Multicast bereit für die Anforderungen der vernetzten Zukunft.

Schneller Überblick: Multicast verstehen

Multicast ermöglicht die effiziente Eins-zu-viele-Übertragung im Netzwerk. Das ist ideal für datenintensive Echtzeitanwendungen wie Live-Streaming oder IoT.

Grundlagen:

  • Zielgerichtete Verteilung an Empfängergruppen
  • IP-Adressbereiche: IPv4 (224.0.0.0–239.255.255.255), IPv6 (ff00::/8)
  • Spart Bandbreite im Vergleich zu Unicast und Broadcast

Einsatzgebiete:

  • Live-Streams, IPTV, IoT, Smart Cities, 5G
  • Reduziert Netzwerklast bei vielen Empfängern

Technische Grundlagen:

  • Multicast basiert auf dem Best-Effort-Prinzip, ähnlich wie Unicast.
  • Routing erfolgt über Protokolle wie PIM (Protocol Independent Multicast).
  • In IPv6 ist Solicited-Node Multicast die effiziente Antwort auf Broadcasts.

Praxisnutzen:

Multicast reduziert die Netzwerklast erheblich, spart Bandbreite und ermöglicht stabile Übertragungen in Echtzeitszenarien.

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