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Autonomes Fahren – Datenmengen werden zur Herausforderung

Trotz Fortschritten bei den benötigten Technologien, ist die Umsetzung autonom fahrender Automobile noch ein Zukunftsthema. Das liegt auch am Umgang mit den erzeugten Daten.

Autonomes Fahren gilt als eine Zukunftstechnologie, die die Gesellschaft dauerhaft verändern wird. Wenn Fahrzeuge eines Tages in der Lage sind, komplett selbstständig und überall das Steuer zu übernehmen, wird auch das Auto neu gedacht.

Trotz großer Fortschritte in den letzten Jahren, ist der Weg dorthin aber noch weit und für manche Hindernisse gibt es noch keine umfassenden Lösungen. Hierzu zählt zum Beispiel der Umgang mit den Datenmengen, die für autonome Fahrzeuge benötigt werden, und die Voraussetzungen, die diese Daten erfüllen müssen.

In der öffentlichen Diskussion um autonomes Fahren spielt die Sicherheit der Fahrzeuge eine zentrale Rolle. Erst wenn eine Gefahr für Menschen weitgehend ausgeschlossen werden kann, erhalten die selbstfahrenden Autos eine Zulassung. In diesem Zusammenhang rücken die im Auto verarbeiteten Daten verstärkt in den Mittelpunk des Interesses, da diese beispielsweise zur Rekonstruktion von Unfällen benötigt werden. Es sind jedoch noch viele Fragen offen, wie die riesigen Datenmengen gehandhabt werden sollen, die autonome Fahrzeuge benötigen, produzieren und sammeln.

Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass ein durchschnittliches vernetztes Fahrzeug jährlich über 280 Petabyte an Daten produzieren wird. Damit müsste ein Fahrzeug pro Tag also mindestens vier Terabyte verarbeiten. Da in Deutschland rund 48 Millionen Pkws zugelassen sind, wird offensichtlich, welche Datenmengen in Zukunft jeden Tag entstehen könnten.

Datenquellen autonomer Fahrzeuge

Wenn selbstfahrende Autos eines Tages auf den Straßen unterwegs sind, werden sie in Echtzeit ganz unterschiedliche Daten und -formate verarbeiten müssen. Diese stammen zum einen aus den Fahrzeugen selbst. So nehmen sie ihre Umgebung über Kameras und verschiedene Sensoren wahr.

Aufgrund dieser Daten entscheiden sie dann zum Beispiel, ob auf der Straße ein Objekt liegt, dem sie ausweichen müssen. Auch Informationen über den eigenen Status müssen Fahrzeuge stetig verarbeiten und darauf reagieren. Ist das Benzin so gut wie aufgebraucht oder die Batterie fast leer, müssen sie die Entscheidung treffen können, die nächste Tankstelle oder Ladestation anzufahren.

Aus der Umgebung werden autonome Autos ebenfalls Informationen aufnehmen und verarbeiten. Dies kann helfen, die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen, indem beispielsweise andere Fahrzeuge Informationen über bevorstehende Staus oder sich verändernde Witterungsverhältnisse teilen.

In Smart Cities wird es vielleicht sogar möglich sein, dass Fahrzeuge Informationen mit smarten Straßen oder Ampeln austauschen. Schließlich sammeln die Autos auch Daten über ihre Besitzer und nutzen diese, um Entscheidungen zu fällen. Das kann die Präferenz für Fahrten auf der Landstraße statt der Autobahn sein, eine bevorzugte Route zur Arbeit, die vielleicht nicht die schnellste ist, oder der Supermarkt, in dem immer eingekauft wird.

All diese Informationen sind nötig, um einerseits die Sicherheit und Funktionalität autonomer Fahrzeuge zu gewährleisten. Andererseits geht es auch darum, den Insassen das bestmögliche Erlebnis zu bieten. Beide Punkte müssen erfüllt werden, damit sich autonomes Fahren in der Gesellschaft durchsetzen kann.

Herausforderungen für Autobauer

Einer der größten Vorteile von selbstfahrenden Fahrzeugen soll die erhöhte Sicherheit im Straßenverkehr sein. Während Menschen sich von äußeren Einflüssen ablenken lassen oder müde werden, passiert dies Maschinen nicht. Ihre Entscheidungen basieren auf gelerntem Wissen und der Echtzeit-Verarbeitung von Daten. Die Datensätze, die für das Training der KI-Systeme (künstliche Intelligenz) von Fahrzeugen genutzt werden und ihre Entscheidungen im Verkehr leiten sollen, müssen dementsprechend von sehr hoher Qualität sein, da es sonst auch bei selbstfahrenden Autos zu Unfällen kommen kann.

Im Vorfeld müssen Entwickler zum Beispiel darauf achten, dass die Daten, mit denen der Algorithmus lernt, richtig gekennzeichnet sind. Sind auf einem Bild zwei Passanten und ein parkendes Auto zu sehen, muss diese Informationen richtig vermerkt sein. Ist dies nicht der Fall und die KI lernt, dass nur ein Fußgänger und das Auto zu sehen sind, kann das später im Straßenverkehr zu Fehlinterpretationen führen und fatale Folgen haben.

Dasselbe gilt auch für die Daten, die Fahrzeuge im Betrieb erhalten und verarbeiten. Daher müssen nicht nur die Autobauer sicherstellen, dass die Daten ihrer Fahrzeuge so vollständig und bereinigt wie möglich und entsprechend vertrauenswürdig sind, sondern zum Beispiel in Zukunft auch die Hersteller und Betreiber vernetzter Infrastruktur.

Nur so kann bei den Verbrauchern das Vertrauen geschaffen werden, das sie benötigen, um selbstfahrende Autos zu akzeptieren und zu nutzen. Noch herrschen allerdings Zweifel, wie eine Umfrage des ITK-Branchenverbands Bitkom zeigt. 57 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass autonome Fahrzeuge zu schweren Unfällen mit vielen Toten führen werden. Dies verdeutlicht, wie wichtig es besonders in diesem Kontext ist, mit vollständigen und vertrauenswürdigen Daten zu arbeiten.

Des Weiteren müssen die Fahrzeuge vor Hacker-Angriffen geschützt werden. Schon jetzt bietet die vernetzte Technik in Autos Kriminellen verschiedene Einfallstore, sei es über Bluetooth-Module oder das Keyless-Schlüsselsystem. Bei selbstfahrenden Fahrzeugen wird die Funktionsvielfalt weiter wachsen, wodurch sich auch die Angriffsflächen vergrößern. Gefahr droht dabei nicht nur durch Angreifer, die Unfälle verursachen wollen, sondern auch durch solche, die Daten stehlen möchten.

All dies zeigt, dass die Entwicklung autonomer Fahrzeuge wesentlich komplizierter ist als die von herkömmlichen Autos. Die Hersteller müssen im Softwarebereich viel komplexere Aufgaben lösen als bisher. Daher arbeiten immer mehr traditionelle Autobauer mit Technologie-Unternehmen zusammen.

So kooperiert Mercedes-Benz mit Nvidia unter anderem für die Entwicklung einer KI-Computing-Infrastruktur, während BMW schon seit einigen Jahren mit der Intel-Tochter Mobileye im Bereich Kameratechnik zusammenarbeitet. Im Bereich Ride-Hailing erforschen sowohl Volvo und die Google-Tochter Waymo die Möglichkeiten autonomer Fahrzeuge als auch Amazon, das aus diesem Grund Mitte 2020 das Start-up Zoox aufkaufte.

Fragen der Datenhoheit

Noch zu wenig Beachtung erfährt in der Öffentlichkeit bislang auch die Frage, wem die Daten, die selbstfahrende Autos erzeugen und verarbeiten, überhaupt gehören sollen. Zum einen betrifft dies die Daten, die Einblicke in das Fahrzeug selbst bieten.

Zum anderen auch die Daten, die Informationen über den Fahrer liefern. Erstere können Herstellern helfen, ihre Fahrzeuge stetig weiterzuentwickeln und sicherer zu machen. In anonymisierter Form könnte beispielsweise mit diesen Daten die KI der Fahrzeuge weiter trainiert werden. Letztere verraten jedoch sehr persönliches über die Besitzer, wie Verhaltensweisen und Gewohnheiten. Hersteller können diese nutzen, um das Erlebnis weiter zu verbessern und zu personalisieren. Jedoch kann es für sie auch sehr lukrativ sein, diese Informationen an andere Unternehmen weiterzuverkaufen.

Auch bei Unfällen können die Daten aus den Fahrzeugen helfen, die Vorgänge nachzuvollziehen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass der Hersteller Zugriff auf sie gewährt. Aus diesen Gründen haben verschiedene Prüfgesellschaften wie der TÜV oder auch die Allianz-Versicherung schon 2019 die Einsetzung eines unabhängigen Datentreuhänders gefordert.

Dieser würde die Daten datenschutzkonform speichern und nach Unfällen Prüfern den Zugang zu den sicherheitsrelevanten Daten und Diagnosefunktionen der Fahrzeuge ermöglichen. Gleichzeitig würden die Besitzer die volle Hoheit über die Übermittlung und Verwendung ihrer Daten behalten.

Für die Automobilbranche ergeben sich neue Möglichkeiten

Unbestritten stehen der Automobilindustrie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weitreichende Veränderungen bevor und nur Hersteller, die sich an diese Veränderungen anpassen können, werden langfristig Erfolg haben. So müssen sie neue Geschäftsmodelle entwickeln, um Gewinne zu generieren. Denn durch fortschrittliche Technologien, wie 3D-Drucker oder das Internet of Things (IoT), wird der Bau von Karosserien selbst immer günstiger.

Jan Wetzke, Talend

„Noch zu wenig Beachtung erfährt in der Öffentlichkeit bislang auch die Frage, wem die Daten, die selbstfahrende Autos erzeugen und verarbeiten, überhaupt gehören sollen.“

Jan Wetzke, Talend

Das Geld dagegen liegt in Zukunft in der Software der Fahrzeuge. Schon heute gibt es erste Beispiele dafür, dass Automobilunternehmen Einnahmen generieren, indem sie bestimmte Funktionen wie Fernlichtassistenten oder das adaptive Fahrwerk nur gegen eine Gebühr freischalten. Durch die Analyse all der Daten, die ihnen zur Verfügung stehen, können sie weitere neue Produkte und Services identifizieren, die sie ihren Kunden anbieten können. Dafür müssen sie die Statusdaten der Fahrzeuge, die Verhaltensdaten der Besitzer sowie die Umgebungsdaten in einer zentralen Plattform vereinen.

Fazit

Selbstfahrende Autos sollen ein Verkehrsmittel der Zukunft sein. Bis sie allerdings tatsächlich vollkommen autonom auf den Straßen unterwegs sein können, müssen noch verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden. Nicht nur technologische und rechtliche Fragen benötigen noch Antworten, sondern auch die, die den Umgang mit den Daten der Fahrzeuge betreffen.

Wie können die Datenmengen, die produziert werden, verarbeitet werden? Werden die Hersteller die Daten datenschutzkonform und sicher speichern oder braucht es eine andere Instanz hierfür? Wie kann sichergestellt werden, dass die Qualität der Daten hoch genug ist, um für die Straße zulassen zu können? Es liegt an der Industrie genauso wie den Behörden, Antworten auf diese Fragen zu finden.

Über den Autor
Jan Wetzke ist Vice President Sales Zentral- und Ost-Europa bei Talend.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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