Definition

Business-Continuity-Management-Software (BCMS)

Business-Continuity-Management-Software, kurz BCMS oder BCM-Software, ist eine Anwendung oder Suite, die entwickelt wurde, um Prozesse, Kennzahlen und Compliance im Bereich Business-Continuity-Planung/Business-Continuity-Management (BCP/BCM) effizienter und genauer zu gestalten. Business-Continuity-Management-Software unterstützt Unternehmen bei der Durchführung von Business Impact Analysen (BIAs), der Erstellung und Aktualisierung von Wiederherstellungsplänen und der Identifizierung von Lücken in BCM-Programmen. Diese Software-Tools wurden zur Automatisierung des BCP/BCM-Prozesses entwickelt und sind entweder vor Ort (On-Premises) oder über ein Software-as-a-Service-Modell (SaaS) verfügbar.

BCM- Software soll Unternehmen dabei unterstützen, ihre BCM-Programme effizienter, konsistenter und flexibler zu gestalten. Neben der strukturierten Dokumentation der Informationen, die ein Unternehmen benötigt, um trotz widriger Ereignisse betriebsfähig zu bleiben, können BCM-Softwarelösungen Risiken einer Organisation gegenüber internen und externen Bedrohungen wie Naturkatastrophen, Cyberangriffen oder Systemausfällen identifizieren und Unternehmen dabei helfen, proaktiv und effektiv zu reagieren, um ihre Geschäftsinteressen zu schützen. Diese Tools kommen unter anderem beim Disaster Recovery (DR), der Ausfallsicherheit von Rechenzentren, der Wiederaufnahme und Wiederherstellung des Geschäftsbetriebs, dem Krisenmanagement, dem Vorfallsmanagement, dem Notfallmanagement und der Notfallplanung zum Einsatz.

Mithilfe von Business-Continuity-Management-Software können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Daten korrekt, umfassend, gut organisiert, analysiert und aktuell sind. Diese Tools bieten zudem Transparenz über das Unternehmen und seine BCM-Programme, erleichtern die Kommunikation wichtiger Informationen an die Geschäftsleitung und andere Stakeholder und versetzen Unternehmen in die Lage, schneller und gezielter auf Betriebsstörungen zu reagieren.

Business-Continuity-Management-Software und Compliance

BCM-Software trägt dazu bei, dass Programme den relevanten Standards und regulatorischen Anforderungen entsprechen. Immer mehr Unternehmen verlangen von ihren Geschäftspartnern die Einhaltung von Business-Continuity-Standards wie der ISO 22301 und den zugehörigen Spezifikationen der ISO 223xx-Reihe, der NFPA 1600 (National Fire Protection Association) oder den Richtlinien aus der Broschüre Business Continuity Management des Federal Financial Institutions Examination Council (FFIEC).

Eine weitere Norm der ISO-223xx-Reihe, ISO 22316, enthält Leitlinien zur Stärkung der organisatorischen Resilienz für Organisationen jeder Größe und Branche. ISO 22316 ist nicht auf bestimmte Sektoren oder vertikale Märkte beschränkt, sondern kann über den gesamten Lebenszyklus einer Organisation hinweg Anwendung finden. Resilienz wird in ISO 22316 als die Fähigkeit einer Organisation definiert, in einem sich verändernden Umfeld Störungen zu absorbieren und sich anzupassen.

Eine neuere Ergänzung dieser Normenfamilie ist die technische Spezifikation ISO/TS 22332:2021, Sicherheit und Resilienz – Business-Continuity-Managementsysteme – Leitlinien für die Entwicklung von Business-Continuity-Plänen und -Verfahren. Diese baut auf ISO 22301 und ISO 22313 auf und bietet erweiterte Leitlinien für die strukturierte Entwicklung von Plänen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs. ISO 22332 unterscheidet drei Planarten:

  1. Strategischer Plan: bietet einen Überblick über Verfahren und Entscheidungswege zur Reaktion auf ein Ereignis.
  2. Taktischer Plan: beschreibt die operativen Maßnahmen zur Umsetzung des strategischen Plans.
  3. Operativer Plan: legt detailliert fest, wie einzelne Abteilungen oder kritische Geschäftsbereiche – etwa Buchhaltung oder Produktion – reagieren und ihre Aufgaben wieder aufnehmen.

ISO 22332 befasst sich eingehend mit allen Komponenten eines Business-Continuity-Plans. Abschnitt 7 enthält eine Basisstruktur für den BCP-Entwurf und erläutert die einzelnen Bestandteile.

Eine weitere relevante Norm ist ISO/TS 22331:2018, Sicherheit und Resilienz – Business-Continuity-Managementsysteme – Leitlinien für die Business-Continuity-Strategie. Sie bietet ergänzende Empfehlungen für strategische Überlegungen innerhalb des BCM und baut auf den oben genannten Standards auf.

Es ist wichtig zu beachten, dass nur ISO 2230 eine auditierbare Norm darstellt. Unternehmen können ihre Konformität mit ISO 22301 durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle prüfen und bestätigen lassen. Die anderen Normen dienen der Ergänzung und Vertiefung, sind jedoch nicht für ein formales Audit vorgesehen.

Ein weiterer Aspekt der Compliance betrifft die Informationssicherheit. Die Normenreihe ISO/IEC 27000 unterstützt Organisationen beim Schutz von Informationswerten – etwa Finanzdaten, Personaldaten oder geistigem Eigentum. Die Zertifizierung nach ISO/IEC 27001 gilt heute als Standard für Cybersicherheits-Compliance in Unternehmen.

Alternativen zu Business-Continuity-Management-Software

Business-Continuity-Management-Software ist insbesondere für große Unternehmen mit komplexen Strukturen und zahlreichen Abhängigkeiten vorteilhaft, da sie vielfältige Daten und Prozesse erfassen, konsolidieren und analysieren kann. Auch die Durchführung von Risikoanalysen und BIAs lässt sich softwaregestützt deutlich effizienter und systematischer umsetzen als manuell.

Für kleinere Unternehmen oder Organisationen mit überschaubaren Anforderungen können Online-Vorlagen oder Tabellenkalkulationen geeignete Alternativen darstellen. Tools wie Microsoft Word und Excel werden häufig wegen ihrer Verfügbarkeit und Benutzerfreundlichkeit eingesetzt. Diese Methoden ermöglichen eine vergleichsweise schnelle Planerstellung, insbesondere, wenn Cloud-basierte Vorlagen oder spezialisierte Web-Tools genutzt werden.

Vorteile von Business-Continuity-Management-Software

Angesichts der steigenden Komplexität von BCM- und DR-Planung – wobei DR meist als technischer Teilbereich des BCM verstanden wird – können Softwarelösungen helfen, Prozesse effizient zu strukturieren und zu dokumentieren.

Abbildung 1: Business Continuity ist eine der vier Säulen einer Cyberresilienzstrategie.
Abbildung 1: Business Continuity ist eine der vier Säulen einer Cyberresilienzstrategie.

Zu den weiteren Vorteilen zählen:

  • Erfassung, Strukturierung und Sicherung relevanter Daten an einem zentralen Ort.
  • Automatisierte Planprüfungen, Genehmigungsprozesse und Änderungsverfolgung.
  • Vereinfachte Pflege und kontinuierliche Aktualisierung von Plänen.
  • Dashboard-Funktionen für eine übersichtliche Statusverfolgung.
  • Identifikation geschäftskritischer Systeme, Prozesse und Ressourcen.
  • Frühzeitige Erkennung von Risiken für Informationssysteme und Geschäftsprozesse.
  • Integration mit bestehenden Unternehmensplattformen und IT-Systemen.
  • Unterstützung bei der Einhaltung regulatorischer Anforderungen und Standards.

Herausforderungen bei der Einführung von BCM-Software

Trotz der vielfältigen Vorteile sehen sich Unternehmen bei der Einführung von BCM-Software auch mit Herausforderungen konfrontiert. Je komplexer das Programm, desto schwerer lässt es sich flexibel an neue Gegebenheiten anpassen. Zudem verlaufen BCM-Initiativen oft in Lebenszyklen, in denen Änderungen nicht jederzeit einfach umzusetzen sind.

Viele Organisationen verfügen nicht über ausreichendes Wissen über BCM oder die spezifischen Anforderungen ihres Betriebs. Die sich schnell wandelnde Bedrohungslage erschwert es, Programme aktuell zu halten. Berater empfehlen daher, zunächst Anforderungen und Ziele klar zu definieren, bevor in Software investiert wird. Auch eine realistische Einschätzung des Implementierungsaufwands ist essenziell.

Auswahlkriterien für Business-Continuity-Management-Software

Die Auswahl geeigneter BCM-Software unterscheidet sich deutlich von der Anschaffung reiner Sicherheits- oder Backup-Lösungen. Idealerweise verfügen Unternehmen über interne BCM-Expertise, um Anforderungen zu definieren und geeignete Produkte zu evaluieren. Falls diese fehlt, kann die Unterstützung durch einen erfahrenen BCM-Berater sinnvoll sein.

Der direkte Kontakt mit Anbietern ist zwar üblich, kann jedoch herausfordernd sein, da Produktansätze und Funktionsumfänge stark variieren. Mindestens eine mit BCM vertraute Fachkraft sollte den Auswahlprozess steuern. Empfehlenswert ist eine Berufserfahrung von mindestens fünf Jahren sowie eine einschlägige Zertifizierung (zum Beispiel ISO 22301).

Für kleine und mittlere Unternehmen können einfache Online-Vorlagen ausreichend sein. Der Markt bietet viele leicht verständliche, teilweise kostenlose Optionen.

Wichtige Funktionen, auf die bei der Softwareauswahl geachtet werden sollte:

  • Unterstützung für BIAs, Risikoanalysen und Incident-Response-Prozesse.
  • Zugriff auf relationale Datenbanken zur strukturierten Datenhaltung.
  • Notfallbenachrichtigungen oder Integration in Alarmierungssysteme.
  • Funktionen für Übungen und Tests von Plänen.
  • Schnittstellen zu anderen Unternehmensplattformen.
  • Unterstützung für Cloud-Dienste und mobile Endgeräte.
  • Fernzugriff zur Aktivierung und Überwachung von Plänen.
  • KI-gestützte Analysefunktionen und Automatisierungen.

Anbieter von BCM-Software

Business-Continuity-Management- Software ist sowohl als kommerzielle Lösung als auch in Open-Source-Varianten erhältlich. Neben klassischen Lizenzmodellen setzen viele Anbieter auf Cloud-basierte Bereitstellung, etwa in Form von Business Continuity as a Service (BCaaS) oder Disaster Recovery as a Service (DRaaS).

Beispiele etablierter Anbieter mit Fokus auf BCM-Software sind:

  • Archer
  • Arcserve
  • Axcient
  • Fusion Risk Management
  • Quantivate
  • Premier Continuum
  • Riskonnect (ehemals Castellan)
  • Preparis
  • Oracle
  • Commvault
  • Datto
  • Databarracks

Trends bei der Business-Continuity-Management-Software

Die zunehmende Digitalisierung, klimabedingte Extremereignisse und hybride Arbeitsmodelle verstärken die Bedeutung von BCM-Software. Viele moderne Lösungen integrieren künstliche Intelligenz (KI) zur Automatisierung von Prozessen, zur Erkennung von Anomalien und für prädiktive Analysen. KI wird insbesondere bei der Planung, Auswertung und Simulation von Notfallübungen zunehmend eingesetzt – etwa zur Bewertung, wie BCM-Pläne in verschiedenen Szenarien abschneiden, und zur Generierung von Empfehlungen zur Optimierung.

Cloud-basierte Plattformen gewinnen weiter an Bedeutung, nicht nur wegen Kostenvorteilen, sondern auch wegen einfacher Skalierbarkeit, Zugriffsmöglichkeiten und Integration mit anderen Geschäftsanwendungen.

Kurz und kompakt: Business-Continuity-Software im Überblick

Definition: Softwarelösungen zur Planung, Steuerung und Dokumentation von Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs bei Störungen.

Kernfunktionen:

  • Durchführung von Business Impact Analysen (BIA)
  • Entwicklung, Pflege und Tests von Notfall- und Wiederanlaufplänen
  • Unterstützung von Krisen-, Vorfalls- und Notfallmanagement
  • Automatisierung von Prozessen und Dokumentation
  • Unterstützung bei der Einhaltung von Standards wie ISO 22301 und ISO/IEC 27001

Vorteile:

  • Höhere Effizienz und Genauigkeit im BCM
  • Schnellere Reaktion auf Zwischenfälle
  • Bessere Übersicht und Kommunikation mit Stakeholdern
  • Integration mit bestehenden IT- und Sicherheitslösungen

Herausforderungen:

  • Komplexe Implementierung bei fehlender BCM-Strategie
  • Anpassung an sich ändernde Bedrohungslagen
  • Gefahr von Over-Engineering bei kleineren Unternehmen

Tipp: Vor der Auswahl Anforderungen definieren, interne Expertise einbinden und nicht mehr Software kaufen, als tatsächlich benötigt wird.

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