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Die Vorteile von Lithium-Ionen-Akkus im Rechenzentrum

Nicht nur in der Automobilindustrie und mobilen Endgeräten, sondern auch im Rechenzentrum erfreuen Lithium-Ionen-Akkus sich wachsender Beliebtheit. Dafür gibt es gute Gründe.

Nach wie vor funktioniert ein Großteil der unterbrechungsfreien Stromversorgungen in Rechenzentren mit Blei-Säure-Akkus als Energiespeicher. Doch seit einigen Jahren finden immer häufiger auch Lithium-Ionen-Akkus den Einzug in die Überbrückungsspeicher. Denn durch ihre technischen Unterschiede können sie die geänderten Anforderungen in Rechenzentren teilweise besser erfüllen. So bieten sie im Vergleich zu Blei-Säure-Akkus eine höhere Leistungsdichte. Das bedeutet, dass sie bei gleicher Leistung deutlich weniger Platz benötigen als vergleichbare Blei-Akkus und zusätzlich auch weniger wiegen. Das ist gerade bei der Planung von neuen Rechenzentren wichtig, da die Preise für Rechenzentrumsflächen vor allem in Ballungszentren in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind.

Außerdem sind Lithium-Ionen-Akkus wartungsfrei. Sie bedürfen lediglich einer konstanten Überwachung von Betriebstemperatur, -spannung und Ladestand, die ein integriertes Batteriemanagementsystem (BMS) übernimmt. Die im Vergleich zu Blei-Säure-Akkus höheren Anschaffungskosten amortisieren sich so bereits nach vergleichsweise kurzer Zeit, da für Wartung und Betrieb weniger Aufwendungen nötig sind. Vergleicht man die Total Cost of Ownership (TCO, komplette Betriebskosten) beider Batteriesysteme, sind die Kosten eines Lithium-Ionen-Akkus um rund ein Drittel geringer. Darüber hinaus lässt sich mit Hilfe einer intelligenten und auf den Lifecycle des Gesamtsystems angepassten Lithium-Ionen-Speicherlösung auch die Energieeffizienz im Rechenzentrum nach EN50600 verbessern.

Neue unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV) mit Lithium-Ionen-Akkus lassen sich außerdem problemlos neben Altsystemen auf Blei-Säure-Basis betreiben. So können Unternehmen schrittweise auf die neuen Stromspeicher umsteigen und sich im laufenden Betrieb von den Vorteilen der neuen Stromspeicher überzeugen.

Betriebstemperatur und Alterungsprozess

Die Betriebstemperatur ist bei allen Batterietechnologien der entscheidende Faktor für den Alterungsprozess der Stromspeicher. Auch Lithium-Ionen-Akkus altern wie ihre Blei-Säure-Geschwister schneller, sobald die Umgebungstemperatur 20-25°C überschreitet. Unabhängig von der eingesetzten Batterietechnik ist die Kühlung also essenziell.

Iwan Gentsch, Vertiv

„Dank der besseren und umfassenderen Überwachung lassen sich die Überbrückungszeitänderungen bei Lithium-Ionen-Akkus deutlich zuverlässiger vorhersagen, was für den Einsatz in Rechenzentren eine entsprechend bessere Planbarkeit bedeutet.“

Iwan Gentsch, Vertiv

Allerdings ist bei Lithium-Ionen-Akkus der Alterungseffekt nicht ganz so stark ausgeprägt, gerade bei neueren Systemen. Trotzdem ist auch bei ihnen die richtige Temperatur im Rechenzentrum wichtig. Bei beiden Batterietypen steigt der Innenwiderstand über die Lebenszeit hinweg – und erzeugt Wärme. Dadurch kann die Betriebstemperatur ansteigen und den im BMS festgelegten Schwellenwert übersteigen. In einem solchen Fall begrenzt das Batteriemanagementsystem die Überbrückungszeit und sorgt dafür, dass sich die Batterie nicht überhitzt. Dank der besseren und umfassenderen Überwachung lassen sich die Überbrückungszeitänderungen bei Lithium-Ionen-Akkus deutlich zuverlässiger vorhersagen, was für den Einsatz in Rechenzentren eine entsprechend bessere Planbarkeit bedeutet. Außerdem ist der Innenwiderstand bei Lithium-Ionen-Akkus geringer, wodurch diese weniger Wärme beim Laden und Entladen entwickeln und an die Umgebung abgeben. So sind im Vergleich zu Blei-Akkus Einsparungen auf der Kühlseite möglich.

Auch der Kapazitätsverlust über die Lebensdauer hinweg ist bei Lithium-Ionen-Akkus deutlich zuverlässiger vorhersagbar als bei Blei-Akkus und verläuft nahezu vollständig linear – während bei Blei-Säure-Akkus die Speicherleistung ab einer Restkapazität von knapp 80 Prozent rapide abfällt. Dieser Wert bedeutet auch das Einsatzende dieser Akkus.

Brandschutz und Lihtium-Ionen-Akkus

Ein Punkt, der beim Einsatz von Lithium-Ionen-Akkus im Rechenzentrum berücksichtigt werden muss, ist der Brandschutz. So gibt es prinzipiell bei dieser Stromspeichertechnologie bauartbedingt verschiedene Ursachen für eine Entzündung oder Gasfreisetzung. Die wohl größten Risiken sind Überhitzung, Überladung und Kurzschluss. Um hier vorzubeugen, ist ein umfassendes Batteriemanagementsystem essenziell. Dieses sorgt dafür, dass die Akkus innerhalb eines sicheren Betriebsbereichs bleiben und setzt das Brandrisiko auf nahezu Null. Wie gut das in der Praxis funktioniert, zeigt sich daran, dass Batteriehersteller bei Brandtests das BMS abtrennen müssen – nur so lässt sich überhaupt ein Feuer im Akku auslösen.

Generell haben beide Technologien – Blei-Säure-Akkus und Lithium-Ionen-Akkus – im Rechenzentrumseinsatz ihre Berechtigung. Lithium-Ionen-Akkus sind jedoch trotz des in der Regel höheren Anschaffungspreises aufgrund der oben beschriebenen Vorteile wie höhere Leistungsdichte, geringerer Platzbedarf, niedrigere Total Cost of Ownership sowie längere Lebensdauer insbesondere für neue Rechenzentren die erste Wahl.

Über die Autoren:

Jörg Tarach ist Application Engineering / Sales Support Manager, AC Power für die Region DACH bei Vertiv. Er studierte an der Ruhr-Universität Bochum Elektrotechnik und startete im Anschluss als Product Support Engineer. Seit inzwischen 12 Jahren leitet er die Abteilung Application Engineering mit Fokus auf sichere Stromversorgung bei Vertiv.

Iwan Gentsch ist Sales Manager Power für die Schweiz und Lichtenstein bei Vertiv. Er machte eine Ausbildung zum Elektromonteur und startete im Anschluss als USV-Techniker bei der damaligen Liebert Vertretung (heute Vertiv) in der Schweiz. Im Jahre 2009 war Iwan Gentsch Repräsentant im EUROBAT Gremium für einen amerikanischen Batteriehersteller.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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