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KI: Quanteninspiriertes Pruning soll LLMs effizienter machen
Zu große und teure LLMs verlagern Daten in die Cloud. Quanteninspiriertes Pruning schrumpft Modelle, beschleunigt und ermöglicht datensichere Nutzung am Edge mit geringeren Kosten.
Große Sprachmodelle (Large Language Model, LLM) stehen für hohe Qualität, benötigen jedoch erhebliche Rechen- und Speicherkapazitäten. Ein neuer Ansatz aus der Quantenforschung namens quanteninspiriertes Pruning soll nun spürbare Entlastung bringen. Der Physiker Román Orús, Mitgründer und Chief Scientific Officer von Multiverse Computing, beschreibt, wie sich neuronale Netze so restrukturieren lassen, dass sie mit deutlich weniger Parametern auskommen. Dabei soll die Güte nur minimal sinken und die Kompatibilität zu gängigen Frameworks erhalten bleiben.
Was hinter quanteninspiriertem Pruning steckt
Die Methode nutzt Konzepte quanteninspirierter Tensornetzwerke, um interne Korrelationen in Modellen sichtbar zu machen. Anstatt Gewichte rein heuristisch zu streichen, wird das Netz zunächst strukturell zerlegt. Teile mit geringer Relevanz für die Zielaufgabe werden identifiziert und in nachgelagerten Schritten entfernt. In Kombination mit Quantisierung entsteht ein kompaktes Modell, das weiterhin auf verbreiteten Toolchains läuft (etwa PyTorch oder ONNX). Laut Orús sind Größenreduktionen bis zu 95 Prozent möglich. Die Inferenz wird schneller und der Speicher- und Bandbreitenbedarf sinkt – vom Rechenzentrum bis zum Edge-Gerät.
Im Vergleich zu früheren Modellen, die ausschließlich auf Tensornetzwerken basierten, weist dieses Modell eine praktische Neuerung auf. Diese waren theoretisch effizient, ließen sich aber schwer in homogene Produktionsumgebungen integrieren. Das quanteninspirierte Pruning wählt den Mittelweg: Es behält die Kompressionsvorteile bei, bleibt jedoch Pipeline-kompatibel und lässt sich mit Standard-Quantisierung weiter optimieren.
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„Ein großer Vorteil dieses Ansatzes ist seine Kompatibilität. Im Gegensatz zur vorherigen reinen Tensornetzwerk-Methode kann das geprunte Modell durch die Anwendung konventioneller Quantisierungs-Strategien weiter optimiert werden.“
Román Orús, Multiverse Computing
Wo die kleineren Modelle heute punkten
Mit drastisch reduzierten Parametern werden neue Bereitstellungen möglich – selbst dort, wo künstliche Intelligenz (KI) aufgrund von Datenschutz-, Latenz- oder Konnektivitätsproblemen bislang scheiterte.
- Industrie und Verteidigung: Offline-Inferenz in Fahrzeugen, Embedded-Systemen oder Drohnen, sensible Daten bleiben vor Ort.
- Gesundheitswesen und Fertigung: Die lokale Verarbeitung senkt die Latenz und stärkt den Datenschutz bei Text-, Bild- und Sensordaten.
- Unterhaltungselektronik: Lokale Assistenten auf Laptops/PCs, personalisiert und ohne Cloud-Zwang.
- Digitale Souveränität: Betrieb in nationalen oder unternehmenseigenen Rechenzentren, Daten verbleiben in der Jurisdiktion.
- Intelligente Orchestrierung (Router-KI): Eine kleine Steuer-KI entscheidet, ob eine Anfrage lokal bearbeitet oder ausnahmsweise an ein größeres Cloud-Modell weitergereicht wird.
Effizienz, Kosten und Nachhaltigkeit
Laut Orús senken komprimierte Modelle den Energieverbrauch teils um bis zu 50 Prozent und liefern häufig kürzere Antwortzeiten. Das verbessert die Gesamtbetriebskosten und die CO₂-Bilanz. Unternehmen stehen strategisch vor zwei Pfaden: Sie können kleinere Basismodelle wählen oder komprimierte Modelle produktionsreif machen und On-Premises sowie am Edge betreiben. In regulierten Umfeldern kann Letzteres helfen, Compliance und Wettbewerbsfähigkeit zugleich zu sichern.
Risiken im Blick behalten
Die Technik ist kein Freifahrtschein. Für einen robusten Betrieb sollten folgende Punkte in jede Roadmap aufgenommen werden:
- Qualität und Messbarkeit: Bis-zu-Werte hängen vom Anwendungsfall ab. Deshalb sollten vorab Baseline-Metriken (Qualität, Latenz, Energie, Speicher) festgelegt und nach Kompression A/B-Tests durchgeführt werden.
- Verzerrungen und Sicherheit: Lokale, stark personalisierte Assistenten bergen Bias- und Missbrauchsrisiken. Erforderlich sind Test-Suiten, Content-Filter und Telemetrie.
- Lebenszyklus: Modelle regelmäßig aktualisieren und bei Bedarf nachkomprimieren; Reproduzierbarkeit und Rollback-Pfade vorsehen.
- Governance und Recht: Datenflüsse, Protokollierung und Erklärbarkeit müssen sauber dokumentiert werden, Aauch außerhalb der Cloud.
Fahrplan für Unternehmen
Wer die LLM-Kompression produktiv nutzen möchte, sollte geschäftsgetrieben vorgehen.
- Zielbild definieren: Welche Workloads (FAQ, Codeassistenz, Qualitätsprüfung, Suche) benötigen tatsächlich Edge/On-Premises? Welche Latenz- und Datenschutzanforderungen gelten?
- Technische Eignung prüfen: Kandidatenmodelle auswählen. Baseline-Metriken festlegen (Qualität, Latenz, Strom, Speicher). Kompressionsziele definieren.
- Kombinationsstrategie: Quanteninspiriertes Pruning und Quantisierung evaluieren, Kompatibilität mit Serving und Hardware (CPU, GPU, NPU) sicherstellen.
- Sicherheits- und Governance-Checks: Bias-, Safety- und Robustheitstests automatisieren. Model Cards, Logs und Rollback-Pfade etablieren.
- Hybridbetrieb aufsetzen: Häufige, sensible Anfragen lokal ausführen und komplexe Spezialfälle über eine Router-KI an größere Modelle eskalieren. Effekte kontinuierlich messen und optimieren.
- Messen und Optimieren: Kontinuierliches FinOps-/GreenOps-Controlling (Energie, Kosten, CO₂), regelmäßige Retraining-/Rekompressions-Zyklen.
Fazit
Quanteninspiriertes Pruning verschiebt den Effizienz-Kompromiss bei LLMs: Die Modelle werden kleiner, schneller und energiesparender, ohne die Toolchain zu sprengen. In Verbindung mit klassischer Quantisierung entstehen praxisnahe Modelle für Edge und Rechenzentrum. Wer Nutzen und Risiken sauber abwägt und Governance ernst nimmt, kann aus Kompression einen Wettbewerbsvorteil machen – sowohl technisch als auch betriebswirtschaftlich.
Dieser Artikel basiert auf einem schriftlichen Interview mit Román Orús, der Physiker mit Schwerpunkt Quanteninformation und Tensornetzwerke ist. Er ist Ikerbasque Research Professor am Donostia International Physics Center (DIPC) sowie Mitgründer und CSO von Multiverse Computing, einem europäischen Anbieter von Quanten-Software.
