TechArtTrends - stock.adobe.com

Agentische IT: Das Ende des If-Then-Else hat Folgen

KI-Agenten führen IT-Teams aus der deterministischen in die probabilistische IT. Integrationsplattformen entwickeln sich zur Kontrollebene, um Nachvollziehbarkeit sicherzustellen.

Auf der Boomi World Tour zeichnet der gleichnamige Integrationsanbieter ein Bild, das in Unternehmen gleichermaßen für Neugier und Verunsicherung sorgt: Die klassische IT-Welt mit klaren Wenn-Dann-Logiken tritt zunehmend in den Hintergrund. An ihre Stelle treten agentengetriebene, probabilistische Systeme. Diese Verschiebung von starrer Logik zu einem Wahrscheinlichkeitsmotor, der eher dem menschlichen Entscheidungsverhalten ähnelt, verändert grundlegende Prinzipien von Architektur, Schnittstellendesign und Compliance.

Während deterministische Systeme weiterhin unverzichtbar bleiben – etwa für Zahlungsverkehr oder Abrechnungen – eröffnen probabilistische Agenten neue Möglichkeiten. Sie können Schlüsse ziehen, Annahmen treffen und kontextintensiv handeln. Diese Flexibilität birgt jedoch Risiken. Fehler können entstehen, die klassische Architekturen weder vorhersehen noch kontrollieren können. Damit wächst der Bedarf an klaren Governance-Strukturen und Kontrollmechanismen, um Sicherheit und regulatorische Anforderungen zu wahren.

Die Control Plane als neue Schicht in der IT-Architektur

Integrationsplattformen sehen sich hier zunehmend als Bindeglied zwischen KI-Modellen und bestehenden Unternehmenssystemen. Sie sollen als Kontroll- und Überwachungsebene dienen, die Transparenz, Steuerung und Eingriffsmöglichkeiten sicherstellt. Boomi etwa präsentierte dazu auf seiner Konferenz eine Plattformarchitektur, die Agentenerstellung und -Governance kombiniert – vom Design bis zum Monitoring.

Solche Plattformen müssen dabei drei zentrale Aufgaben lösen. Erstens, den Kontext und die Datenqualität sicherstellen, sodass Agenten wissen, welche Informationen und Dienste sie nutzen dürfen. Zweitens, die Kontrolle selbst gewährleisten, also Agenten übergreifend registrieren, überwachen und bei Anomalien stoppen können. Drittens, einfache Bedienbarkeit schaffen, damit Entwickler und Fachabteilungen Agenten sicher einsetzen können.

Wandel der Architektenrolle: Vom Kodierer zum Systemwächter

Der Übergang zu einer agentischen IT verändert auch die Rolle der IT-Architekten. Statt, stark vereinfacht formuliert, nur Code zu schreiben, übernehmen sie zunehmend Verantwortung für Datenflüsse, Governance und die Stabilität des Gesamtsystems. Denn obwohl KI-gestützte Werkzeuge immer mehr Programmierarbeit übernehmen, bleiben Aufgaben wie Debugging, Datenmodellierung, Sicherheitsarchitektur und übergeordnetes Systemdesign menschliche Domäne.

Die Diskussionen und Vorträge auf der Boomi World Tour waren damit weniger ein Werbeversprechen als ein Weckruf. Die Potenziale agentischer Systeme sind groß, doch ohne saubere Infrastruktur, klare Ziele und stringente Kontrollmechanismen bleibt der Fortschritt Stückwerk. Wer KI-Agenten produktiv einsetzen will, braucht vier Voraussetzungen: Zugriff auf hochwertige Datenströme, präzise definierte Schnittstellen, belastbare Governance und ein klares Einsatzszenario. Fehlen diese Grundlagen, wird der agentische Traum zum riskanten Experiment.

Erfahren Sie mehr über IT-Sicherheits-Management