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Flüssigkühlung nachrüsten: Vertiv stellt zwei neue CDUs vor

Mit zunehmenden Dichten stößt die klassische Kühlung mit CRACs und CRAHs an ihre Grenzen. Coolant Distribution Units bringen ergänzende Flüssigkühlung ins Rechenzentrum.

Die Herausforderung beim Kühlen von Rechenzentren ist heutzutage eine dreifache: höhere Dichten, mehr Energieeffizienz und weniger Wasseraufnahme sind Ziele, die sich nur schwer unter einen Hut bringen lassen. Mit Flüssigkühlung lassen sich einige der Probleme traditioneller Rechenzentrumskühlung vermeiden, doch die Umstellung von Legacy-Systemen ist aufwändig und teuer. Infrastrukturanbieter wie Vertiv bringen inzwischen Lösungen auf den Markt, die den Umstieg erleichtern sollen – darunter die sogenannten Coolant Distribution Units (CDUs), die Vertiv am 29. November 2022 vorgestellt hat.

Luftkühlung kommt an ihre Grenzen

Luftkühlung hat noch nicht ausgedient, aber sie eignet sich nicht mehr für alle Einsatzszenarien. Zum einen steigt die Leistung von Computerhardware stetig. Früher waren ungefähr drei Kilowatt pro Quadratmeter der Standard, ein modernes Rack kann aber bis zu 50 kW bewältigen. Ab 21 kW wird es schwierig, mit Luftkühlung die gewünschte Temperatur zu erzielen. Hohe Luftgeschwindigkeiten von über 50 kmh und gesonderte Lüfter für Hotspots steigern die Komplexität und verschlechtern zeitgleich durch einen starken Strom- oder – je nach Kühlmethode – Wasserbedarf die Umweltbilanz. Zeitgleich ist die Abwärmenutzung bei der klassischen Luftkühlung nur schwer umsetzbar, weil die typischen Ablufttemperaturen von 40 Grad zu niedrig für die Einspeisung in Fernwärmenetze sind.

Flüssigkühlung verspricht Abhilfe

Schon lange gilt Flüssigkühlung als eine Alternative, die viele der genannten Probleme vermeidet. Durch die bessere Leitfähigkeit von Wasser oder anderer dielektrischer Flüssigkeiten ist die Energieeffizienz von Flüssigkühlung meist überlegen. Daneben zeigen Experimente, beispielsweise im ICE Datacenter, dass sich die Abwärmetemperatur bei On-Chip-Kühlung auf 60 Grad erhöhen ließe – was eine Weiternutzung der Wärme erheblich erleichtert. Die Flüssigkühlung direkt auf dem Chip vermeidet Hotspots im Rechenzentrum, so dass Betreiber beim Platzieren von High Performance Racks weniger auf thermische Probleme achten müssen. Dadurch entfällt auch der Platzbedarf durch Kaltgangeinhausung – die Flure sind nur noch für Wartungsarbeiten notwendig. Die Dichte des Rechenzentrums lässt sich somit noch weiter steigern – zumal Flüssigkühlung zusätzlich meist eine kleinere Stellfläche belegt als die klassische Kühlung mit Luft.

Umstellung ist aufwendig und teuer

Es gibt jedoch gute Gründe, wieso nicht längst alle Rechenzentren auf Flüssigkühlung umgestellt haben. Dieser Umstieg ist teuer, aufwendig und riskant. Immersionskühlung, bei der Server komplett in Tanks mit dielektrischer Flüssigkeit versenkt werden, ist zum Nachrüsten im Grunde ungeeignet, weil das Rechenzentrum baulich komplett darauf ausgelegt werden muss.

Übersicht über alternative Kühlmethoden
Abbildung 1: So gut wie allen alternativen Kühlmethoden ist gemein, dass sie die bessere Wärmeleitung von Wasser ausnutzen.

Blieben noch die Flüssigkühlung auf dem Chip und an der Rückseite des Servers (Rear Door Heat Exchanger, RDHx). Rack- und Serverseitig ließe sich dies technisch meist recht einfach nachrüsten, doch dann beginnen die Probleme: gerade beim On-Chip-Cooling haben Administratoren nun hunderte kleine Wasserschläuchlein anzuschließen und zu warten. Oft fehlt ihnen dazu die Erfahrung; sie benötigen Weiterbildungen oder müssen externe Experten hinzuziehen. Das treibt die Preise der ohnehin schon eher teuren Technologie. Als nächstes muss die Flüssigkeit, die in den Servern zirkuliert, ans Kühlsystem des Rechenzentrums angeschlossen werden. Dieses primäre Kühlsystem (Adiabatische, Mechanische oder Freie Kühlung) nutzt meistens selbst einen Flüssigkeitenkreislauf, aber dessen Inhalt ist in der Regel nicht für die sensiblen sekundären Kreisläufe in den Geräten geeignet und verläuft nicht direkt in den Serverraum selbst. Heutzutage haben viele Rechenzentren keinen Doppelboden mehr und die Rohre müssten an der Decke entlanglaufen. Wasser, direkt über sensibler Hardware platziert… das ist schwer zu vermitteln.

Coolant Distribution Units trennen Flüssigkeitskreisläufe

Um diese beiden Kreisläufe zu trennen, lassen sich CDUs, wie der Liebert XDU 450 oder 1350 von Vertiv zwischenschalten. Kühlflüssigkeit aus dem primären System läuft in das CDU und über einen Wärmetauscher wieder zurück ins System, wo sie dann auf die übliche Weise des Rechenzentrums gekühlt wird. Dadurch sind keine oder nur geringe bauliche Änderungen notwendig.

Foto des XDU 450
Abbildung 2: Der Liebert XDU 450 kommt im kleinen Formfaktor und passt ans Ende der Rack-Reihe.

Auf der anderen Seite des Wärmetauschers zirkuliert die Kühlflüssigkeit des sekundären Systems auf die Chips oder durch die Rack-Rückseiten. Dadurch sind die beiden Kreisläufe getrennt und das zwischengeschaltete Gerät erlaubt eine genauere Kontrolle des sekundären Flüssigkeitskreislaufs. Da sich die Geräte durch ihre geringe Größe direkt am Ende der Rack-Reihe oder zumindest im White Space selbst platzieren lassen, müssen Betreiber sich nicht mit langen Schläuchen herumschlagen. Der Liebert XDU 450 und 1350 filtern den sekundären Kreislauf und überwachen ihn laufend auf Lecks, Temperatur, Druck und Durchfluss. Redundante Pumpen und Stromanschlüsse dienen dazu, Ausfälle zu vermeiden. Sie sind in der Lage, bis zu 450 oder 1,368 kW Leistung zu bedienen und sind ab dem 29. November 2022 in der EMEA-Region verfügbar.

CDUs sind ein wichtiger Baustein beim Wechsel von Luft- zu Flüssigkühlung in Legacy-Rechenzentren und tragen zusätzlich zur Nachhaltigkeit bei, weil sie ein Nachrüsten mit wenigen oder keinen baulichen Änderungen erlauben. Sie erlauben es Betreibern, sich allmählich in die Flüssigkühlung hineinzuschleichen. Die Zeiten der Luftkühlung sind gewiss nicht vorbei. Doch die Zeit der Mischformen ist bereits angebrochen.

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