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Wie Reiseinformationen der DB auf die Smartphones gelangen
Wie Echtzeit-Reiseinformationen der Deutschen Bahn auf die Smartphones und Mobilgeräte der Reisenden gelangen und welche IT-Plattformen dies ermöglichen.
Wer viel mit der Bahn reist, kennt das: Stürme, starke Regenfälle, Engpässe in der Hauptverkehrszeit und andere Störungen führen häufig zu Verspätungen oder Gleisänderungen von Zügen. Bei den Reisenden führt das schnell zu Unzufriedenheit und Stress.
Bahnbetreiber haben nicht immer Einfluss darauf, ob der Zugverkehr reibungslos läuft. Doch sie können entscheidend mitbestimmen, wie stressig Verspätungen, Ausfälle oder Gleisänderungen für Reisende sind. Wenn Informationen fehlen, steigt die Unsicherheit. In solchen Momenten sind präzise Echtzeit-Reiseinformationen und alternative Verbindungen für die Fahrgäste wichtig.
Eine Plattform für Echtzeit-Reiseinformationen
Die Deutsche Bahn, Europas größtes Bahnunternehmen, steuert täglich mehr als 40.000 Zugfahrten an 5.700 Bahnhöfen. Eine IT-Plattform verarbeitet dabei jeden Tag mehr als 200 Millionen Nachrichten – von Weichenstellungen bis zu App-Updates für Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter.
Viele Services, die Reisende heute als selbstverständlich ansehen, erfordern als Grundlage ein effizientes Datenmanagement. Die Deutsche Bahn stellt sicher, dass alle Informationskanäle aus einer einzigen, zentralen Plattform stets mit aktuellen Reiseinformationen versorgt werden.
Um diese enorme Datenmenge präzise, zuverlässig und in Echtzeit bereitzustellen, sammelt und verarbeitet die Plattform sämtliche relevanten Informationen automatisch für verschiedene Kanäle. Dabei geht es längst nicht nur um die technische Bereitstellung von Informationen. Um den Reisenden einen echten Mehrwert zu bieten, müssen diese verständlich aufbereitet und mit wenigen Klicks erreichbar sein. In enger Zusammenarbeit mit Innovationspartnern hat die Deutsche Bahn die Prozesse zur Reiseinformationsverarbeitung modernisiert, automatisiert und konsequent auf die Bedürfnisse der Fahrgäste ausgerichtet.
Wie funktioniert die IT-Plattform und wie wurde sie entwickelt?
Die Plattform wurde mit dem Ziel entwickelt, Architektur, Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und Zukunftsfähigkeit zu verbessern sowie die Betriebskosten zu senken.
Dafür wurden rund 100 Microservices entwickelt. Diese bilden die Business-Logik ab, binden Datenquellen an und versorgen alle relevanten Informationskanäle. Die Microservices sind nahezu unbegrenzt skalierbar und kommunizieren in Echtzeit über Kafka. Alle Komponenten laufen in der Cloud innerhalb eines Kubernetes-Clusters. Das ermöglicht eine dynamische Skalierung je nach Betriebslage, optimiert damit den Ressourceneinsatz und senkt gleichzeitig die Betriebskosten.
Das Projekt wurde von Anfang an agil umgesetzt. Vollfunktionale Scrum-Teams entwickeln, betreiben und deployen neue Features über CI/CD-Pipelines direkt in die Cloud. Dank der dezentralen Architektur und dem schrittweisen Migrationsansatz konnte die neue Plattform frühzeitig in Betrieb gehen. Erste Erfahrungen sind direkt in die Weiterentwicklung eingeflossen.
Um kurzfristig Kosten zu senken und Mittel für die Neuentwicklung freizusetzen, wurde zunächst das alte Backend, Oracle DB, in die Cloud migriert und als Datenquelle genutzt. Erst danach wurden alle Datenquellen direkt angebunden und das alte Backend vollständig abgelöst. Heute ist die Plattform erfolgreich im Live-Betrieb. Täglich werden neue Features ausgerollt, um das Reiseerlebnis für die Kundinnen und Kunden der Deutschen Bahn stetig zu verbessern.
Automatisierte Bereitstellung von Reiseinformationen
Wie lassen sich solche enormen Datenmengen effizient zentral bündeln und in Echtzeit auf allen Kanälen – von der DB Navigator-App über bahn.de bis hin zu Anzeigetafeln an Bahnhöfen – bereitstellen?
Das Backend für Reiseinformationen versorgt sämtliche Bahnhöfe in Deutschland mit visuellen und auditiven Echtzeitinformationen. Gleichzeitig stellt es auch die konsistente Datenbasis für weitere öffentliche und interne Kanäle wie den DB Navigator und bahn.de bereit. Dank der vollständigen Automatisierung aller Prozesse gibt es keine Medienbrüche durch manuelle Schnittstellen mehr. Zudem konnten die Betriebskosten gesenkt werden.
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„Das Backend für Reiseinformationen versorgt sämtliche Bahnhöfe in Deutschland mit visuellen und auditiven Echtzeitinformationen. Gleichzeitig stellt es auch die konsistente Datenbasis für weitere öffentliche und interne Kanäle wie den DB Navigator und bahn.de bereit.“
Jochen Faiss, Gofore
Kern dieser Lösung ist eine maßgeschneiderte, DB-interne IT-Plattform. Sie nutzt historische und aktuelle Daten aus verschiedenen Quellen, um vollautomatisch präzise Prognosen für den Bahnbetrieb zu erstellen. Alle Informationskanäle – von digitalen Anzeigen bis hin zu Durchsagen – werden aus einer einzigen Quelle gespeist.
Die Plattform ist ein entscheidender Qualitätsfaktor für den Bahnservice. Sie ist nahezu unbegrenzt skalierbar und ermöglicht mit Zero Downtime die tägliche Implementierung neuer Funktionen. So lassen sich digitale Services schnell, zuverlässig und kosteneffizient bereitstellen.
Digitalisierungsprojekte müssen vom Menschen her gedacht werden
Die Deutsche Bahn kann heute in Echtzeit über umgekehrte Wagenreihungen, kurzfristige Gleiswechsel oder Fahrplanänderungen informieren. Damit daraus ein entscheidender Fortschritt für Reisende werden kann, ist es wichtig, Digitalisierungsprojekte menschenzentriert zu planen und umzusetzen. Besonders bei der Bahn, bei der oft jede Minute zählt, muss der Mensch im Zentrum jeder digitalen Lösung stehen.
Für das Echtzeit-Datenmanagement der Deutschen Bahn bedeutet das: Informationen müssen nicht nur präzise und aktuell sein, sondern auch verständlich, zugänglich und zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar. Nur so wird Technologie zu einem echten Mehrwert für die Menschen, die sie nutzen.
Über den Autor:
Jochen Faiss (Dipl. Ing.) ist IT-Architekt und Projektleiter bei Gofore, einem Beratungsunternehmen für digitale Transformation. Als Customer Lead ist er für die Deutsche Bahn verantwortlich. Mit fast 30 Jahren Erfahrung als Entwickler, IT-Architekt und Projektleiter in der IT-Branche hat er viele Projekte vom Start bis zum erfolgreichen Rollout begleitet.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.