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EU reguliert die Giganten der Onlinewerbung

DMA (Digital Markets Act) und DSA (Digital Services Act) sollen monopolistische Strukturen aufbrechen und Datenmissbrauch auf den Online-Märkten in die Schranken weisen.

Nach jahrelangen Diskussionen ist es endlich so weit: Die EU reguliert das Online-Werbeverhalten der großen Technologiekonzerne. Das soll für mehr Schutz für vulnerable Gruppen, mehr Datenschutz für Konsumenten und mehr Wettbewerbsgleichheit auf den Märkten sorgen. Doch auch kleinere Unternehmen können durch die Regeln betroffen sein.

Am 5. Juli des laufenden Jahres wurden der DMA (Digital Markets Act) und der DSA (Digital Services Act) von der Legislative der EU, dem Europaparlament, verabschiedet. Der großen Macht der GAFA-Technologiekonzerne (Google, Apple, Facebook, Amazon) und ihren exzessiven Datensammelpraxen, dem unkontrollierten Nutzen und Weitergeben der gesammelten Daten sollen Grenzen gesetzt werden.

Dabei konzentriert sich der DMA auf Wettbewerbsfragen. Denn Kleinere können mit den Tech-Giganten kaum mithalten und wirksam in Wettbewerb eintreten. Durch seine neuen Regeln sollen größenbedingte Nachteile relativiert werden. So dürfen nun die Großen in Rankings nicht mehr ihre eigenen Produkte und Dienstleistungen zu Ungunsten von Drittprodukten nach vorn schieben. Persönliche Daten der Nutzer dürfen sie nicht mehr für gezielte Werbeansprachen zu nutzen.

Der DSA wendet sich in erster Linie an Social-Media-Unternehmen und nimmt sie in die Pflicht. Hier geht es um die Verbreitung illegaler Inhalte und von Desinformation. Außerdem reguliert die Vorschrift die Internetwerbung. Sie darf nicht mehr auf sensitiven Daten, zum Beispiel über Rasse, Religion oder sexuelle Orientierung basieren. Plattformen müssen Besuchern ihrer Seiten in Zukunft nachvollziehbar erklären können, warum ihnen bestimmte Werbung gezeigt wird.

Diese neuen Regeln gelten zwar in erster Linie für die Großen der Branche. Allerdings betreffen sie alle kommerziell tätigen Organisationen und deren Möglichkeit, von den Plattformen der Tech-Provider generierte Daten für Werbezwecke einzusetzen. Dieser Meinung ist jedenfalls Paul McKay, Principal Analyst bei Forrester.

Laut McKay wird es eine Herausforderung für das Direktmarketing, wenn Werbetreibende keinen Zugriff mehr auf derartige sensitive Daten haben. „Das ist eine potentiell gewaltige Veränderung für die Marketingverantwortlichen. Man muss jetzt die Implementierung der Vorschrift abwarten, um zu sehen, wie sie das alltägliche Geschäft beeinflusst“, fügt er hinzu. Zum 1. Januar 2024 gilt das neue Recht unmittelbar.

Unmissverständliche Zustimmung gefordert

Die neuen Regeln zwingen Unternehmen dazu, von Kunden eine unmissverständliche Zustimmung einzuholen, bevor sie deren Daten mit Unternehmen wie Google oder Amazon, sogenannten Gaterkeepern, teilen.

Diese Vorgaben sollen das „Zustimmungs-Schlupfloch“ zum Daten-Tracking und der Datennutzung schließen, das aus der europaweiten allgemeinen Datenschutzverordnung (GDPR, General Data Protection Regulation) resultierte, die in Deutschland in Form der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) umgesetzt ist. Sie verlangt zwar von Unternehmen, die Zustimmung der Anwender einzuholen, bevor auf deren Rechner Cookies platziert werden. Mit Hilfe dieser kleinen Textdateien verfolgen die Onlinewerber, was der Anwender online tut.

Cookies abzulehnen, ist allerdings meist ziemlich umständlich. Damit soll jetzt Schluss sein. Anwender sollen Praktiken eindeutig zustimmen, die bislang ohne solche Einwilligung der Betroffenen auskamen. Außerdem soll das Fragen nach dieser Zustimmung logisch stringenter erfolgen statt irgendwo im Dschungel der Website versteckt. Jeder kennt es ja, dass eine Zustimmung ausschließlich aus Entnervung erteilt wird, weil man seine Zeit nicht mit Herumsuchen auf der Website des Anbieters oder seitenlangen Lektüren verbringen möchte.

Begründung für das Zeigen von Werbematerial

Vor Herausforderungen stellt die Werber auch die Anforderung, auf Anfrage transparent zu erklären, warum eine bestimmte Person eine bestimmte Online-Werbeanzeige zu sehen bekommt. Die Mutterfirma von Facebook, Meta, beispielsweise bietet bereits eine Funktion an, mittels derer die Kunden verstehen können, warum ihnen eine bestimmte Werbung gezeigt wird.

Doch die Regeln korrekt umzusetzen, könne sich durchaus als kompliziert herausstellen, meint Stephanie Liu, Analystin bei Forrester. Denn wo ist die Grenze zwischen noch erlaubtem Targeting und dem verbotenen Bereich?

Letztlich zeigt die Verabschiedung der beiden Vorschriften dem Markt, dass das Verhältnis zwischen Kunden, den großen Technologieplattformen und den kommerziellen Organisationen, die von ihnen abhängen, sich ändert.

„Diese Veränderung ist ein starkes Modell dafür, wie Regierungen und Regulierungsbehörden weltweit den Konsumenten ihre Macht zurückgeben und so einige der Machtungleichgewichte beseitigen können, die in den letzten Jahren im Technologiesektor als normal galten“, meint Analyst McKay.

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