Aufklärung zu einigen Fragen über ARM-Prozessoren mit 64 Bit

64-Bit-ARM-Prozessoren sind nicht für jede Aufgabe geeignet. Die Stromsparer eignen sich jedoch in gewissen Szenarien dennoch für den Server-Einsatz.

Wird das Streben nach geringerem Stromverbrauch ARM-Prozessoren mit 64 Bit einen dauerhaften Platz in Rechenzentren sichern? Oder wird sich doch herausstellen, dass sie für den Enterprise-Einsatz letztlich nicht in Frage kommen?

Reduced Instruction Set Computing (RISC, also Rechnen mit reduziertem Befehlssatz) hat das Design von elektronischen Geräten revolutioniert. Gegenüber allgemein einsetzbaren Mikroprozessoren auf der Grundlage von Complex Instruction Set Computing (CISC) verwendet RISC eine einfachere Engine für die Verarbeitung. Durch den Wegfall von unnötigen Befehlen und die Optimierung von Pfaden können RISC-Prozessoren herausragende Leistung bei einem Bruchteil des Stromverbrauchs von CISC-Technik liefern. Allerdings war ihr Einsatz lange auf spezialisierte Geräte wie Drucker, Router oder Mobiltelefone beschränkt; erst seit kurzem sind sie auch in Servern zu finden. Schauen wir uns also einige der Fragen in Zusammenhang mit dem Einsatz von modernen RISC-Maschinen im Enterprise-Umfeld an.

Wie kommen ARM-Prozessoren mit 64-Bit-Betriebssystemen und -Anwendungen der Enterprise-Klasse zurecht? Ist ARM nicht auf Systeme mit 32 Bit beschränkt?

Traditionelle Prozessoren für Advanced RISC Machines (ARMs) basieren auf dem Aarch32-Design mit 32 Bit, das in den 1980er Jahren von ARM Holdings in Großbritannien entwickelt wurde. Das Unternehmen stellt selbst keine Chips her, sondern lizensiert seine Entwürfe an unabhängige Chip-Hersteller, die sie dann für spezielle Zwecke individualisieren und produzieren. Dieses Prinzip hat bei ARM-Prozessoren zu einer langsameren Entwicklung als bei selbst produzierenden Konkurrenten wie Intel oder AMD geführt. Organisationen, die auf Betriebssysteme mit 64 Bit umsteigen, haben sich beim Einsatz von ARM-basierten Servern zudem zurückgehalten, weil sie nicht in 32-Bit-Hardware investieren wollen.

Jetzt jedoch kommen allmählich auch ARM-Chips mit 64 Bit heraus. Schon 2011 entwickelte ARM Holdings eine Architektur mit 64 Bit (AArch 64), zusammen mit einem neuen Befehlssatz mit der Bezeichnung A64. Bedeutende Chip-Hersteller haben dieses Design lizensiert und werden in den nächsten Jahren ihre jeweiligen Umsetzungen auf den Markt bringen. So will AMD ab 2014 einen ARM-basierten Opteron-Prozessor anbieten.

Auch bei den Betriebssystemen geht es voran. So word ARM mit 64 Bit im Linux-Kernel 3.7 bereits unterstützt. Im Zuge des anstehenden Markt-Starts weiterer ARM-Prozessoren dürfte zunehmend auch Unterstützung für andere Betriebssysteme verfügbar werden.

Wer entwickelt 64-Bit-ARM-Prozessoren und -Systeme? Wie werden ARM-Server mit 64 Bit aussehen? Was sind die besten Workloads für ARM-Server?

Das Referenz-Design für ARM-Prozessoren mit 64 Bit – wie die Serie Cortex-A50 – ist bereits vollständig und wird aktuell von bedeutenden Chip-Herstellern lizensiert, darunter Applied Micro Circuits Corporation, Advanced Micro Devices (AMD), Broadcom, Calxeda, Samsung und ST Microelectronics. Weil ARM seine Chips jedoch nicht selbst produziert, bleibt es den Lizenznehmern überlassen, sich auf der Grundlage des Referenz-Designs um Modifizierung, Fehler-Behebung, Evaluierung und Produktion zu kümmern. Es könnte dadurch noch einige Jahre dauern, bis ARM-Chips mit 64 Bit weithin zum Einbau in Server-Gehäuse verfügbar sind.

Denken Sie auch daran, dass ARM-Prozessoren mit 64 Bit keine konventionellen Server-Acrhitekturen nutzen werden. Einzelne ARM-Chips können ihre CISC-Gegenspieler wie Xeon- oder Opteron-Chips nicht übertreffen, also werden ARM-Server nicht viel Ähnlichkeit mit den alten CISC-Servern haben. Das Versprechen von ARM besteht stattdessen in guter Skalierbarkeit zusammen mit niedrigem Stromverbrauch. Also sind in der Enterprise-Klasse eher ARM-basierte Server – wie Zinc von Dell, Moonshot von HP oder UDX1 von Penguin – mit hunderten von ARM-Prozessoren zu erwarten, die jeweils mehrere Kerne haben. So soll Calxeda an einem ARM-Server mit 480 Kernen auf der Grundlage von 120 Quadcore-Prozessoren mit 32 Bit arbeiten. Für ARM-Server mit 64 Bit ist eine ähnliche Strategie der hohen Skalierbarkeit zu erwarten.

Nicht jede Workload eignet sich für ARM-Server. Allgemein sind die besten Kandidaten dafür Anwendungen, die bei Standard-CPUs wenig Auslastung bringen, wenig Arbeitsspeicher brauchen, bei jedem Thread nur wenig berechnen müssen und sich mit mehreren Prozessoren skalieren lassen. Dazu zählen etwa Web-Hosting, Hadoop und andere Java-basierte Anwendungen. Organisationen, für die ARM-Plattformen gänzlich neu sind, sollten dabei zunächst in Projekte zur Überprüfung der Machbarkeit investieren. So können Sie sicherstellen, dass ihre Workloads auf ARM-Geräten wirklich die gewünschte Performance zeigen, bevor solche Produkte in den Produktiv-Betrieb integriert werden.

Werden ARM-Prozessoren mit 64 Bit Virtualisierung unterstützen? Welche anderen Funktionen und Möglichkeiten bringen ARM-Prozessoren der nächsten Generation?

Ja: 64-Bit-ARM-Prozessoren werden durch spezielle Erweiterungen auch Virtualisierung unterstützen – ähnlich wie bei den Erweiterungen Intel-VT und AMD-V für konventionelle Prozessoren. Auch durch die Unterstützung von großen virtuellen Adress-Erweiterungen wird Virtualisierung unterstützt.

AArch64-Chips bieten dabei nicht nur einen Daten-/Adress-Bus mit 64 Bit und eine Überarbeitung des 32-Bit-Befehlssatzes A32. Sie enthalten zusätzlich moderne Funktionen zur digitalen Signalverarbeitung (DSP) für anspruchsvolle Medien-Bearbeitung sowie Kryptografie nach AES, SHA-1 und SHA-256. Außerdem bieten sie die TrustZone-Technologie auf. Diese wurde entwickelt, um vertrauenswürdige Umgebungen für die Ausführung zu schaffen, die Plattformen für Highperformance-Computing gegen Angriffe über Software absichern.

Langsam lernen auch IT-Profis die Lektion, die Elektronik-Hersteller seit Jahrzehnten kennen: Mit einem CISC-Prozessor lässt sich nicht jedes Computing-Problem effizient lösen. ARM-Prozessoren bieten Performance und Energie-Effizienz, gepaart mit guter Skalierbarkeit der Rechenleistung. Sie mögen sich nicht für jede Art von Workload eignen, doch mit dem Erscheinen von 64-Bit-Chips dürfte ARM auch in Rechenzentren auf mehr Interesse stoßen.

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