Vor- und Nachteile von 64-Bit ARM-Architekturen im Data Center

ARM-Architekturen machen sich langsam aber sicher auch im Data Center breit. Ein Überblick über mögliche Vor- und Nachteile.

ARM-Chips wurden bisher vor allem von Herstellern mobiler Endgeräte genutzt, weil die RISC-Architektur (Reduced Instruction Set Computing) weniger Energie verbraucht, dadurch weniger Wärme abgibt und so im Betrieb wesentlich kostengünstiger ist als x86-Prozessoren. Natürlich ist inzwischen auch die Cloud- und Data-Center-Industrie auf diese Vorteile aufmerksam geworden, auch wenn es noch eine Weile dauern wird, bis ARM-Chips großflächig in Rechenzentren zum Einsatz kommen werden.

Für Dariush Marsh-Mossadeghi, Director Technology Strategy and Architecture beim Colocation-Anbieter DataCentred, gibt es aber viele gute Gründe für den Einsatz von ARM-Prozessoren im Data Center: „Es hat gewisse Vorteile, wenn diese Prozessoren bei einer Open-Source-Public-Cloud zum Einsatz kommen. Wir nutzen ARM AArch64-Prozessoren für unsere OpenStack-Public-Cloud, was unseren Kunden über virtualisierte Architektur Zugriff auf 64-Bit ARM-Hardware gibt, die nach Bedarf nach oben skaliert werden kann.“

„Wir sollten aber genauso die Vorteile für Umwelt und Betriebskosten nicht vergessen“, erklärt er weiter. „64-Bit ARM-Architektur verbraucht pro Chip weniger Energie als x86-Prozessoren und verspricht daher signifikante Kostenvorteile, während gleichzeitig der CO2-Ausstoß gesenkt wird und natürlich auch Kunden von Preisvorteilen profitieren können.“

ARMv8 war 2011 die erste ARM-Generation, die 64-Bit Befehlssätze enthielt. Die bereits erwähnten Vorteile bei Energieeffizienz und Performance ließen ARM-Chips wie gemacht für den Einsatz im Data Center erscheinen, vor allem mit Blick auf die zunehmende Nachfrage nach kostengünstiger Skalierbarkeit für Cloud-Services.

Allerdings gab es in diesem Bereich seitdem kaum Fortschritte, trotzdem der Energieverbrauch weitaus niedriger ist als bei entsprechenden Intel-Produkten, was ja im mobilen Bereich gerade erst für den großen Erfolg verantwortlich war. Im Data-Center-Bereich kommen die Vorteile des geringeren Energieverbrauchs von 64-Bit ARM-Systemen allerdings auch nur dann zum Tragen, wenn die darauf ausgeführten Applikationen die Architektur richtig ansprechen.

„Wenn das nicht der Fall ist,“ so Jason Liggins, CTO von Ark Data Centres, „dann gibt es beim Energieverbrauch meist keinen Unterschied zu x86-Systemen, gleichzeitig kann dann das Erreichen einer bestimmten Anzahl an Compute-Operationen auf ARM sogar mehr Prozessorkerne nötig machen als mit x86-Prozessoren. Zusammen mit dem Aufwand, Anwendungen von x86 auf ARM zu portieren, kann man durchaus auch zu dem Schluss kommen, dass sich die Portierung zu ARM nicht immer rechnet.“

Mobile-Technologie im Data Center

ARM-Technologie, so gibt wiederum David Leyland zu bedenken, verantwortlich für Dimension Datas Rechenzentrumsgeschäftsbereich für UK und Irland, versetze Server-Hersteller allerdings in die Lage, neue Funktionen in die Prozessor-Chips zu integrieren:

„Einer der großen Vorteile von ARM für Data Center liegt darin, dass das Chip-Design lizenziert ist. Damit können Hardwarehersteller bestimmte Funktionen um den Prozessorkern herum hinzufügen. In der gleichen Weise, in der Apple bestimmte iPad-Funktionen beschleunigen kann, können Server-Hersteller periphere Schaltkreise zur Optimierung des Netzwerkverkehrs hinzufügen.“

Auch wenn sich dies in der Theorie nach einem großen Vorteil gegenüber x86-Chips anhört, kann dies in der Praxis schwer umzusetzen sein, immerhin unterscheiden sich Server und mobile Endgeräte in ihrer Design-Philosophie doch deutlich. Während in der Smartphone- und Tablet-Welt beispielsweise Embedded-Designs vorherrschen, bei denen Hard- und Software aus einer Hand kommen, werden im Data Center Hard- und Software meist von verschiedenen Herstellern geliefert.

Clive Longbotton, Service Director bei den Analysten von Quocirca, ergänzt, dass es in der Intel-Welt sehr schwer ist, 64- und 32-Bit-Workloads zu mischen, während dies mit ARM AArch64-Chips sehr leicht möglich sei. Seiner Ansicht nach ist dies vor allem deshalb wichtig, weil es noch immer viel ARM-Code auf Basis von 32-Bit gäbe.

„Der Vorteil liegt also darin, alten Code mitnehmen zu können, während man gleichzeitig neuen schreibt. Das führt zu einer einfacheren Migration, wenn der alte Programm-Code nach und nach für 64-Bit-Systeme umgeschrieben werden kann.“

Gleichzeitig gelten Intels x86-Chips als ideal für rechenintensive Workloads, während es nach wie vor auch weniger anspruchsvolle Workloads gibt, für die auch ARM-Chips ausreichen. „Es gibt viele Workloads mit entsprechend geringeren Performance-Anforderungen, ARM bietet hierfür eine geeignete Plattform, auf der solche Workloads mit energiesparenden Server ausgeführt werden können,“ erklärt Longbottom. „Intel versucht hier natürlich mit seinen Atom-basierten Server-Chips dagegenzuhalten, ist gegenüber ARM aber noch etwas im Hintertreffen.“

Die Einführung von ARM-Systemen im Data Center deutet für ihn auf eine große Zukunft im Cloud-Computing hin: „OpenStack bewegt sich in Richtung Multi-Chip-Plattform und nutzt x86, ARM, Atom, Power und Sparc. Damit wird es immer wichtiger, für jeden Workload die richtige Chip-Architektur zu nutzen. Dabei wird intelligente Software eine Hauptrolle spielen und den Workloads den richtigen Compute-Platz zuweisen.“

OpenStacks Vorarbeit in diesem Bereich dürfte dabei all jenen das Leben leichter machen, die ARM bereits im eigenen Rechenzentrum einsetzen. „Wer ARM bereits selbst nutzt, der will natürlich auch Cloud-Services, mit denen er Workloads testen und skalieren kann und dort die gleiche ARM-Architektur vorfindet. Da OpenStack inzwischen auch ARM unterstützt, bietet sich hier eine interessante Option für Service Provider,“ so Longbottom.

Nachteile von 64-Bit-ARM-Chips im Data Center

Während die Vorteile von ARM-Chips mit 64-Bit-Architektur vom Standpunkt der Energieeffizienz gesehen durchaus überzeugen können, haben ARM-Prozessoren aber auch so ihre Nachteile, wie Marsh-Mossadeghi zu bedenken gibt: „Es gibt noch immer Probleme mit der fehlenden Ausgereiftheit des Software-Stacks, wodurch Produktivsysteme so ihre Herausforderungen bereithalten. Während die Unterstützung des Prozessors heutzutage durchaus gegeben ist, liegen die Herausforderungen vielmehr in der Hardware-Peripherie, was letztendlich zu Problemen mit BIOS, Boot-Loadern und Kernel-Funktionen führen kann.“

Diese Ansicht teilt auch Matthew Larbey, Product Strategy Director bei Virtus Data Centres: „Große Teile des Betriebssystem- und Anwendungs-Stacks werden neu entwickelt werden müssen, um die Vorteile der ARM-Architektur auch wirklich wahr werden zu lassen. Im Grunde handelt es sich hierbei um ein Henne-Ei-Problem, bei der beide Seiten, Hard- und Software, ausreichend entwickelt sein müssen, um die neue Server-Architektur zu einem Erfolg zu machen.“

Laut Aaron Sullivan, Senior Director bei Rackspace, könnten 64-Bit-ARM-Systeme zudem unterschiedliche Ansätze bei Fehler- und Storage-Management und Monitoring nötig machen: „Wenn Administratoren sehr an ihrem Array unabhängiger Disk-Controller, Netzwerk-Adapter und Management-Tools hängen, dann dürfte der Umstieg auf ARM einiges an Umgewöhnung mit sich bringen. Die Funktionen sind grundlegend durchaus vorhanden, aber die Vorgehensweise bei Konfiguration und Management ist eine andere.“

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