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Wie künstliche Intelligenz die Zugriffskontrolle verändert

KI entwickelt sich zu einem wichtigen Baustein beim Identitäts- und Zugriffsmanagement. Die Einführung will jedoch gut geplant sein, um den Herausforderungen richtig zu begegnen.

IAM-Systeme sind das Rückgrat der Unternehmenssicherheit. Sie kontrollieren, welche Benutzer, Systeme und Maschinen auf welche Ressourcen zugreifen dürfen. Die Technologie ist entscheidend für die Wahrung der Vertraulichkeit, die Integrität von Daten und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen. Besonders effektiv erweist sich IAM bei der Eindämmung von Insider-Bedrohungen und der Begrenzung lateraler Bewegungen von Angreifern im Netzwerk.

Die Integration künstlicher Intelligenz in das Identitäts- und Zugriffsmanagement (IAM) markiert nun einen Wendepunkt für Unternehmen weltweit. Mit der wachsenden Komplexität digitaler Infrastrukturen entwickelt sich KI zu einem unverzichtbaren Element moderner Sicherheitsarchitekturen. Mit der Implementierung von KI-Technologien in diese Systeme gehen signifikante Effizienzsteigerungen und erhebliche Risikominderung im Bereich identitätsbezogener Sicherheitsvorfälle einher. Doch das sind nicht alle Vorzüge, die die Integration von KI mit IAM bietet.

Transformative Auswirkungen der KI

Die Implementierung von KI in IAM-Systeme besticht vor allem in drei Schlüsselbereichen:

1. Intelligente Überwachung und Identitätsanalyse

Ältere und selbst entwickelte IAM-Tools und sogar einige moderne IAM-Tools sind nicht in der Lage, die Benutzeraktivitäten in verschiedenen IT-Infrastrukturen zu überwachen. Selbst in Organisationen, in denen IAM-Tools robust genug sind, um alle Benutzeraktivitäten in einem modernen Unternehmen zu überwachen, sind sie häufig nicht in der Lage, die gesammelten Informationen zu analysieren und zur Verbesserung der Identitätssicherheit zu nutzen. Durch die Integration von maschinellem Lernen und KI in IAM können Organisationen große Mengen an Benutzeraktivitätsdaten analysieren, um Verhaltensmuster von Benutzern zu erkennen und diese Informationen zur Vereinfachung der Bereitstellung und Wartung eines robusten Identitätsmanagements zu nutzen.

2. Natürliche Sprachverarbeitung für die Zugriffskontrolle

Die Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) ist eine Funktion von KI, die es Maschinen ermöglicht, die menschliche Sprache zu verstehen, zu interpretieren, zu generieren und darauf zu reagieren. NLP kombiniert Linguistik, maschinelles Lernen und Informatik, um Text- oder Sprachdaten zu verarbeiten und zu analysieren. Eine NLP-gestützte natürliche Sprachschnittstelle, die in ein IAM-Tool integriert ist, hilft Organisationen dabei, Authentifizierungsmethoden und Zugriffsberechtigungen dynamisch auf der Grundlage von Echtzeitdaten anzupassen. Die NLP-gestützte Schnittstelle ermöglicht es Administratoren und Entscheidungsträgern, Zugriffsanfragen in einer intuitiven Kommunikationsplattform zu authentifizieren und zu genehmigen. Diese kann wie eine Messaging-App aussehen und funktionieren. Mit der Aufmachung sind die meisten Benutzer daher dann oftmals bereit vertraut.

3. Generative KI-Anwendungen

KI und maschinelles Lernen (ML) ermöglichen fundiertere Entscheidungen über den gesamten Lebenszyklus von Identitäten hinweg. ML führt Clusteranalysen durch, um den Kontext und Empfehlungen für neue und aktualisierte Rollen zu ermitteln, die besser auf die Bedürfnisse der Belegschaft in einer Organisation abgestimmt sind. ML-Algorithmen sammeln und verarbeiten Daten und generative künstliche Intelligenz operationalisiert sie im IAM. Daraufhin machen sie Administratoren und Genehmigern innerhalb eines Systems Vorschläge für die Zugriffskontrolle. Generative KI im IAM verbessert die Rollenmodellierung und die Prozesse für Zugriffsanfragen, Genehmigungen und Zertifizierungen. Sie bietet den relevanten, für Menschen lesbaren Kontext, um unnötige Komplexität zu beseitigen, Verwirrung zu reduzieren und die Zertifizierungsmüdigkeit in einer Organisation zu verringern. Über Chat-gestützte KI können Benutzern schnell Zugriff anfordern - Manager können diese Anfragen daraufhin genehmigen oder ablehnen. Das macht den Prozess weitaus effizienter und ermöglicht Genehmigungen ohne Prüfung.

Thomas Müller-Martin, Omada

„Die Integration von KI in IAM bietet Unternehmen das Potenzial, ihre Sicherheitsmaßnahmen erheblich zu verbessern und gleichzeitig den administrativen Aufwand zu reduzieren. Wer die Technologie einzuführen gedenkt, muss jedoch sorgfältig planen.“

Thomas Müller-Martin, Omada

Herausforderungen bei der Implementierung von KI

Trotz der Vorteile stehen Unternehmen bei der Integration von KI in IAM vor erheblichen Herausforderungen:

  • Datenschutz und Compliance: KI-Systeme analysieren personenbezogene Daten, die geschützt werden müssen. Die kontinuierliche Anpassung an sich ändernde Datenschutzbestimmungen erfordert ständige Wachsamkeit.
  • Integration in bestehende Systeme: Die Verbindung von KI-Technologien mit vorhandener IAM-Infrastruktur erfordert sorgfältige Planung und standardisierte Prozesse.
  • Kontinuierliche Überwachung: Da Cyberkriminelle selbst KI-Technologien einsetzen, müssen Unternehmen ihre KI-Modelle ständig überwachen und anpassen.

In IAM-Systemen implementierte KI kann diese Herausforderungen direkt adressieren und Unternehmen vier wesentliche Vorteile bieten:

  1. Verbesserte Sicherheitslage: Proaktive Erkennung und Entschärfung potenzieller Bedrohungen durch umfassende Datenanalyse.
  2. Betriebliche Effizienz: Selbstbedienungsfunktionen reduzieren manuelle administrative Eingriffe und optimieren Prozesse.
  3. Verbesserte Benutzererfahrung: Automatisierte Empfehlungen verkürzen die Lernkurve und steigern die Produktivität vom ersten Tag an.
  4. Vereinfachte Compliance: KI-gestützte Lösungen erleichtern Cybersicherheitsprüfungen und den Nachweis der Einhaltung regulatorischer Standards.

Blick in die Zukunft

Bisher hat die Integration von KI in IAM-Tools zu erheblichen Effizienzsteigerungen bei der Identitätsverwaltung und den Zugriffskontrollpraktiken geführt. Die Kombination beider Technologien wird Organisationen auch weiterhin dabei helfen, ihre Position im Bereich des identitätsbezogenen Cybersicherheitsmanagements zu verbessern.

Hier sind zwei Trends, die IT-Verantwortliche dabei im Auge behalten sollten:

Teilautonome KI-Agenten: Diese Systeme arbeiten weitgehend selbstständig, benötigen aber für kritische Entscheidungen menschliche Aufsicht – vor allem in Bereichen, in denen vollständige Autonomie riskant oder unpraktisch ist, wie zum Beispiel bei Änderungen branchenspezifischer Regulierungsrahmen. Teilautonome KI-Agenten bilden ein ideales Gleichgewicht zwischen Automatisierung und menschlicher Kontrolle.

Antwort auf steigende Komplexität: Mit durchschnittlich 371 SaaS-Anwendungen pro Unternehmen im Jahr 2024 – ein Anstieg von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr – wird der Bedarf an intelligenten IAM-Lösungen weiter steigen. NLP-Technologien werden zur Standardschnittstelle für Zugriffsanfragen, während die zunehmende Komplexität der Bedrohungslandschaft eine verstärkte Verhaltensanalyse erfordert.

Transformation und Fortschritt erfordern Planung

Die Integration von KI in IAM bietet Unternehmen das Potenzial, ihre Sicherheitsmaßnahmen erheblich zu verbessern und gleichzeitig den administrativen Aufwand zu reduzieren. Wer die Technologie einzuführen gedenkt, muss jedoch sorgfältig planen, denn: Regulatorische Anforderungen müssen erfüllt und Herausforderungen bei der Integration bewältigt werden. In einer zunehmend komplexen Bedrohungslage wird KI-gesteuertes IAM zu einem entscheidenden Faktor für die schnelle und zuverlässige Abwehr dynamischer Cybergefahren.

Über den Autor:
Thomas Müller-Martin ist Global Partner Lead bei Omada.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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