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Privacy Enhancing Technologies: Vom Pilotprojekt zum Standard

Um Daten zu schützen und für die Kundenansprache nutzbar zu machen, bedarf es geeigneter Privacy Enhancing Technologies. Diese erlauben eine datenschutzsichere Nutzung von Daten.

Datenschutz und Schutz der Privatsphäre stehen mittlerweile im Fokus vieler Unternehmen. Dennoch betrachten einige Datenschutz immer noch als Hindernis oder lästiges Übel. Sie denken nicht präventiv über die Einführung von Datenschutzmaßnahmen nach, sondern erst, wenn es zu spät ist.

Dementsprechend sind laut einer aktuellen Umfrage von Zendesk nur etwas mehr als die Hälfte (58 Prozent) der befragten Verbraucher der Meinung, dass die meisten Unternehmen bereits genug für den Schutz ihrer Daten tun.

Dabei schützt die Einhaltung von Datenschutzmaßnahmen nicht nur vor kostenintensiven Datenschutzverletzungen, sondern bringt auch einen echten Wettbewerbsvorteil mit sich: Unternehmen, die dem Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten Priorität einräumen, können das Vertrauen der Verbraucher gewinnen und aufrechterhalten und so ihre Kundenbeziehungen stärken. Neben den ethischen Gesichtspunkten liegen also auch die wirtschaftlichen Argumente für einen stärkeren Schutz der Privatsphäre der Kunden auf der Hand.

Trotzdem gehören Datenschutztechnologien häufig noch nicht zum Unternehmensstandard, sondern werden primär als Pilotprojekt behandelt. Das gilt auch für innovative Technologien aus anderen Bereichen. Warum ist das so? Und was braucht es, damit diese Technologien zum Standard werden?

Die (R)Evolution der PETs

Um Daten zu schützen und für die Kundenansprache nutzbar zu machen, sei es in der Online-Werbung, im Retail-Bereich oder im Kundenservice, bedarf es geeigneter Privacy Enhancing Technologies (PETs). Solche Lösungen ermöglichen eine datenschutzsichere Nutzung von Datensätzen.

Die Einführung von PETs im Speziellen und Technologien im Allgemeinen beginnt meist im Rahmen eines Pilotprojekts. Bei so essenziellen Lösungen wie Technologien zum Schutz der Privatsphäre darf es aber nicht beim Projekt bleiben. Im Zeitalter des Datenschutzes sind PETs unabdingbar, denn sie ermöglichen, dass nicht nur über Datenschutz gesprochen wird, sondern Unternehmen ihn auch umsetzen können. PETs müssen deshalb fest in der Infrastruktur eines Unternehmens verankert sein.

Das gilt insbesondere für die Werbebranche, in der das Teilen von Daten lange zum Standard gehört, was durch PETs umgangen werden kann. Dabei gibt es nicht die eine PET – ein umfassender Datenschutz erfordert den Einsatz unterschiedlicher PETs mit verschiedenen Schwerpunkten. Erst durch die Zusammenarbeit mehrerer innovativer Technologien wird umfassender Datenschutz möglich.

Unternehmensinterne Rahmenbedingungen für die Entwicklung zum Standard

Ein gängiges Beispiel für eine Anwendung, die auf PETs basiert, ist ein Data Clean Room. In einem echten datenschutzsicheren Data Clean Room können zwei oder mehr Unternehmen First-Party-Daten abgleichen, ohne diese Daten teilen zu müssen. Dafür werden die Daten in ein mathematisches Modell konvertiert. Nur diese verschlüsselten Repräsentationen können dann innerhalb einer geschützten Umgebung miteinander matchen. Andere Parteien können die Daten anderer nicht einsehen oder auf diese zugreifen.

Data Clean Rooms galten in der Vergangenheit als Trend, etablieren sich aber zunehmend in der internationalen Werbebranche. Die zunehmende Bekanntheit hat jedoch zu einer Vielzahl von Lösungen geführt, die als Data Clean Rooms bezeichnet werden. Damit die Entwicklung einer solchen Innovationstechnologie vom Pilotprojekt zum Unternehmensstandard gelingt, sollten Unternehmen die folgenden internen Rahmenbedingungen erfüllen:

Klare Definitionen

Technologieanbieter müssen den Entscheidern klare Definitionen vorlegen. Dabei reicht es nicht aus, nur das eigene Produktumfeld zu erklären. Sie müssen vielmehr den Umfang, die Fähigkeiten und die Grenzen dessen skizzieren, was im Moment möglich ist. Dementsprechend müssen sie auch die verwandten Technologien beschreiben und abgrenzen. Nur so können Entscheider den Wert der jeweiligen Lösung verstehen und einordnen.

Sichtbare Wertschöpfung

Anbieter sollten greifbare Beispiele für erfolgreiche Kampagnen liefern und Geschäftsvorteile, wie ein verbessertes Kundenerlebnis oder einen gesteigerten ROI, klar und deutlich sichtbar machen.

Integration in bestehende Systeme und Workflows

Eine neue Technologie sollte bestehende Systeme, Arbeitsweisen und Abläufe nicht auf den Kopf stellen, sondern sich möglichst nahtlos einfügen. Unternehmen sind eher dazu bereit, eine neue Technologie einzuführen, wenn diese ihren bestehenden Tech-Stack ergänzt und verbessert. Sie suchen nach Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit und wollen einen möglichst geringen Betriebsaufwand.

Aufklärung und Trainings

Aufklärung und Schulungen für die Nutzer sind zentrale Faktoren, damit sich eine Technologie im Unternehmen etablieren kann. Sind die Anwender nicht im Umgang mit dem System geschult, fehlt die Akzeptanz, was somit einer langfristigen Etablierung im Wege steht.

Geringe Nutzungsbarrieren

Eine Technologie sollte so intuitiv und einfach wie möglich zu bedienen sein. So komplex der Anwendungsfall im Hintergrund auch sein mag, für die Nutzer muss die Bedienbarkeit so angenehm und einfach sein, dass jeder sie gerne und häufig nutzt.

Zusammenarbeit mit Unternehmenspartnern

Der Weg zum Unternehmensstandard kann in der Regel nicht allein beschritten werden. Partnerschaften mit anderen innovativen Technologieanbietern sind notwendig, damit Unternehmen im modernen digitalen Ökosystem wachsen können. Sie helfen Unternehmen, bessere Entscheidungen zu treffen, neue Geschäftsmöglichkeiten zu finden oder Kosten zu senken. Der Maßstab für den Erfolg sollte sein, dass die Zusammenarbeit zu einem für beide Seiten positiven Geschäftsergebnis führt.

Über den Pilotprojekt-Status hinauswachsen

Damit der Schritt zum Standard gelingt, sollte eine Lösung die zentralen unternehmensinternen Rahmenbedingungen erfüllen: Klare Definitionen und Abgrenzungen, ein sichtbarer Mehrwert, eine möglichst einfache Integration, interne Schulungen, geringe Nutzungsbarrieren und die Zusammenarbeit mit geeigneten Partnern.

Neben diesen unternehmerischen Bemühungen braucht es entsprechende politische Rahmenbedingungen sowie die Aufmerksamkeit von politischen Entscheidungsträgern. Im Bereich der Technologien zum Schutz der Privatsphäre gehen andere Länder in dieser Hinsicht voran, so hat beispielsweise in Großbritannien der Datenschutzbeauftragte den Unternehmen den Einsatz von PETs empfohlen.

Alistair Bastian, InfoSum

„ Unternehmen, die dem Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten Priorität einräumen, können das Vertrauen der Verbraucher gewinnen und aufrechterhalten und so ihre Kundenbeziehungen stärken.“

Alistair Bastian, InfoSum

Sind diese internen und externen Rahmenbedingungen erfüllt, kann eine innovative Technologie über den Status eines Pilotprojektes hinauswachsen. Ist die Lösung in der Unternehmensinfrastruktur verankert, dann bietet sie nicht nur dem jeweiligen Unternehmen einen echten Wettbewerbsvorteil, sondern sorgt auch dafür, dass die Nutzer wirklich von der innovativen Technologie profitieren.

Über den Autor:
Alistair Bastian verantwortet als Chief Technology Officer (CTO) bei InfoSum die technologische Produktentwicklung der führenden Data Collaboration-Plattform. Seit seinem Start bei InfoSum 2018 war er maßgeblich an der Entwicklung der grundlegenden technologischen Infrastruktur beteiligt, darunter Innovationen wie die InfoSum Bunker, Differential Privacy und synthetische IDs, die eine nahtlose und datenschutzsichere Data Collaboration ermöglichen.

Vor InfoSum war Alistair Bastian Principal Architect bei DataSift, wo er die neu definierte, wie Unternehmen Social-Media-Daten nutzen. Weitere Stationen seiner Karriere umfassen BAE Systems Digital Intelligence und Sun Microsystems. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Technologiesektor verfügt Alistair Bastian über umfassende Kenntnisse in den Bereichen Privacy by Design, dezentrale Systeme und Data Science.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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