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Mit Data Skills auf eine unsichere Zukunft vorbereiten

Data Scientists sind gefragt wie nie. Sie fördern Erkenntnisse zu Tage, die ansonsten im Verborgenen bleiben. Kinder und Jugendliche sollte daher früh Data Skills entwickeln.

Die Nachfrage nach Data Scientists ist so hoch wie nie zuvor. Eine Analyse des Business-Netzwerks LinkedIn ergab, dass die Zahl der geschalteten Stellenanzeigen in den vergangenen zehn Jahren um unglaubliche 650 Prozent angestiegen ist.

Doch selbst bei einem kurzen Blick auf die aktuellen Geschehnisse wird schnell klar, weshalb das der Fall ist: Sie sind diejenigen, die dank ihres Fachwissens selbst aus größten Datenmengen Erkenntnisse ziehen können, welche ansonsten im Verborgenen bleiben – eine Fähigkeit, die angesichts der sich häufenden Krisen fast einer Superkraft gleicht.

Diesen Zusammenhang hat auch die jüngere Generation längst verstanden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass viele bereits von Kindesbeinen an daran arbeiten, sich mit den notwendigen Skills wappnen, um die eigene Existenzgrundlage dauerhaft zu sichern.

Die Folgen des Klimawandels sind spürbar

Die Hitzewelle diesen Sommer hatte ganz Europa fest im Griff. Während in Frankreich und Großbritannien großflächige Brände entfacht sind, schwitzten auch Teile Deutschlands bei Temperaturen von fast 40°C. Zwar sind Anomalien wie diese nicht komplett neu – auch Anfang des 20. Jahrhunderts kam es bereits zu Ausnahmesommern.

Fakt ist jedoch, dass diese in Zukunft immer mehr zunehmen werden. Welches Risiko konkret besteht, zeigt eine Karte des Umweltbundesamtes: Regionen wie das Ruhrgebiet oder Münsterland werden in Zukunft mehr als zehn Hitzetage pro Jahr haben – im Vergleich zur Referenzperiode ein Anstieg von rund hundert Prozent.

Vor allem für Kinder und ältere Menschen, die physiologisch anfälliger sind, können hohe Temperaturen im schlimmsten Fall tödlich enden. Schon ab einer Wochentemperatur von durchschnittlich 23°C erhöht sich die Zahl der Hitzetoten bei den über 75-Jährigen exponentiell. So erlagen im Hitzesommer 2003 etwa 7.600 Menschen den heißen Temperaturen und Studien belegen, dass schon heute rund ein Drittel der hitzebedingten Todesfälle auf das Konto des Klimawandels geht. 

Und auch die Natur leidet. So können mehr Hitzetage in Ernteausfällen resultieren, ebenso wie in knapper werdenden Ressourcen. Der aktuelle Holzmangel ist ein gutes Beispiel dafür, denn auch dieser wird durch den voranschreitenden Klimawandel begünstigt. Er sorgt dafür, dass Schädlinge wie der Borkenkäfer sich ausbreiten, was große Teile des deutschen Holzvorkommens zerstört. Schon jetzt ist dieser natürliche Rohstoff knapp und teuer.

Risiken wie diese bereits frühzeitig zu erkennen, um entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten oder potenzielle Alternativen finden und auf diese umsteigen zu können, wird in Zukunft immer wichtiger sein. Leider sind derzeitige Data Scientists bei ihrer Arbeit noch immer häufig auf interne Prozessabläufe fokussiert und arbeiten mit Informationen über Preise, Materialien und Stückzahlen, um hier etwaige Optimierungspotenziale auszumachen. Die geografische Dimension wird dabei von vielen übersehen. Gerade diese spielt aber eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, sich vor den Folgen klimabedingten Disruptionen zu schützen.

Junge Menschen beweisen, wie Data Science in Zukunft funktioniert

Bei vielen Kindern und Jugendlichen scheint das anders zu sein. Sie sind mit modernen Technologien und deren Einsatzmöglichkeiten aufgewachsen und können die Relevanz von Geodaten deshalb besser nachvollziehen. Wie sie diese praktisch zum Einsatz bringen, beweist unter anderem der Verein North Coast World Earth.

Hier lernen schon Kinder im Grundschulalter, wie sie Informationen über ihre Umwelt sammeln und in ein GIS-Kartierungssystem eingeben können, um so tiefgreifende Erkenntnisse über die Entstehung von Müll zu gewinnen. Insgesamt konnte der Verein bereits 3,7 Tonnen Abfall an der nordirischen Küste sammeln, was bereits eine enorme Leistung darstellt.

Ohne die zielgerichtete Analyse der gesammelten Daten würde ihre Mission jedoch hier enden. Damit wollen sich die Nachwuchs-Data-Scientists aber nicht abfinden. Dank der ausgewerteten Geodaten können sie nachvollziehen, um welche Art von Abfall es sich handelt und wo dieser entsteht.

Daniela Wingert, Esri

„Data Scientists sind diejenigen, die dank ihres Fachwissens selbst aus größten Datenmengen Erkenntnisse ziehen können, welche ansonsten im Verborgenen bleiben – eine Fähigkeit, die angesichts der sich häufenden Krisen fast einer Superkraft gleicht.“

Daniela Wingert, Esri

So haben sie zum Beispiel die Chance, zusätzliche Mülleimer aufzustellen, wo diese am dringendsten benötigt werden, oder können Awareness-Kampagnen starten, um das Bewusstsein der Bevölkerung zu schärfen. Bestenfalls hat das zur Folge, dass neue Umweltverschmutzungen gar nicht erst entstehen und demzufolge auch nicht von ihnen beseitigt werden müssen.

Ein weiteres Projekt, das beweist, wie sehr sich junge Menschen schon heute einsetzen, um in eine lebenswerte Zukunft zu blicken, stammt von der niederländischen Studentin Jet Kramer. Auch sie hat auf moderne GIS-Technologien zurückgegriffen   hier allerdings, um ein Hitze-Dashboard zu erstellen, das Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, das Hitzerisiko für ihre eigenen Nachbarschaft besser nachzuvollziehen.

Genau solche Tools sind es, die für Städteplanerinnen und Städteplaner zukünftig unverzichtbar sein werden. Ohne sie wird es ihnen schwerfallen, die Folgen des Klimawandels richtig zu prognostizieren, die sich nicht nur in Hitzestaus, sondern auch in Starkregenereignissen und daraus resultierenden Überschwemmungen äußern können. Welche fatalen Folgen diese haben, hat die Überflutung, die Regionen wie das Ahrtal im vergangenen Sommer erleben mussten, eindrucksvoll gezeigt.

Der Digital Twin als GIS-Allzweckwaffe

Eine Stadt, in der eine vergleichbare Technologie schon heute zum Einsatz kommt, ist Zürich. Mit Zürich 4D haben Städteplanerinnen und Städteplaner einen Digital Twin geschaffen, mit dem sich sowohl Temperaturentwicklungen als auch die Auswirkungen großer Wassermassen für die einzelnen Stadtteile prognostizieren lassen. Dadurch haben sie die Chance, mögliche Szenerien und deren Auswirkungen bereits im Vorfeld zu simulieren. Wo kann es zu Hitzestaus kommen? Wie würde sich das Wasser im Fall eines Starkregenereignisses stauen. Wo würde es abfließen?

Sind sich Planerinnen und Planer dieser potenziellen Gefahren bewusst, können sie entsprechende Anpassungen vornehmen, Häuserfassaden umgestalten oder zusätzliche Parkanlagen anlegen. Beides ist wichtig, damit die Luft in den Straßen nicht zum Stehen kommt, sondern auch an heißen Tagen richtig zirkuliert. Und auch die kühlende Wirkung von Pflanzen und Bäumen ist bereits bewiesen.

Sie sorgen für Schatten und bringen Wasser zum Verdunsten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität ETH Zürich haben den Kühlungseffekt analysiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass mit Bäumen bewachsene Flächen in Mitteleuropa sogar bis zu 12°C kühler sind als jene, die mit Asphalt oder Gebäuden bebaut sind.

Für die Data Scientists von morgen wird Wissen wie dieses darüber entscheiden, ob Städte und Nachbarschaften die lebenswerten Orte bleiben, die wir heute kennen und als unsere Heimat bezeichnen. Denn Fakt ist: Selbst dann, wenn sich die Erderwärmung auf 1,5°C beschränken lässt, wird sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität von Hitzewellen und klimabedingten Überschwemmungen deutlich zunehmen.

UNICEF geht in seinem Children's Climate Risk Index sogar davon aus, dass in Zukunft fast jedes Kind dem Risiko mindestens einer größeren Klimakatastrophe ausgesetzt sein wird. So düster diese Prognose auch aussehen mag, es bleibt doch eine gute Nachricht zurück: Denn Kinder und Jugendliche sind sich der drohenden Gefahren längst bewusst. Während Politik und Wirtschaft zu zögerlich agieren, um sie vor diesen zu schützen, arbeiten sie schon heute daran, sich mit den nötigen Skills auszustatten, damit sie als die Data Scientists von morgen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können.

Über die Autorin:
Daniela Wingert blickt auf eine mehr als 20-jährige Karriere bei Esri, dem internationalen Marktführer für GIS-Technologie, zurück. In ihrer aktuellen Position als Head of Program Management in Deutschland und der Schweiz vermittelt sie gemeinsam mit ihrem Team auf Basis der ArcGIS-Plattform von Esri geotechnisches Wissen an Schulen, Universitäten, Forschungsinstituten sowie NGOs und NPOs.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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