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Die Rolle eines Chief Scientists im Unternehmen

Für Innovationen ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen. Was kann Technologie und wie können Probleme gelöst werden? Hier kommt die Rolle des Chief Scientists ins Spiel.

Damit Unternehmen bei Innovationen stets auf der Höhe der Zeit sind, gilt es die richtigen Fragen zu stellen. Hier kommen in Technologieunternehmen Positionen wie ein oder mehrere Chief Scientists ins Spiel.

Welche Ideen und Lösungen können für Unternehmen und deren Kunden von Bedeutung sein? Welche Probleme existieren und wie kann man diese lösen? Was ist in der Technologiewelt bekannt und wie kann dies für Unternehmen und Kunden eingesetzt werden? Die Aufgaben eines Chief Scientist können sich sehr vielfältig gestalten. So kann es auch wichtig sein, den Stand der Dinge einfach zu dokumentieren, damit das gesamte Unternehmen an einer Lösung arbeiten kann.

Im Gespräch mit ComputerWeekly.de erläutert Mark Day, Chief Scientist bei Netskope, die Herausforderungen und Anforderungen, die diese Tätigkeit mit sich bringt. Netskope liefert Lösungen für den sicheren Zugriff auf Cloud-Anwendungen wie beispielsweise Microsoft 365.

Was sind genau die Aufgaben eines Chief Scientist? Wie sehen typische Aufgabenstellungen aus?

Mark Day: Normalerweise beschreibe ich meinen Job als „herausfinden, welche Fragen man stellen muss“ und „herausfinden, ob die Antworten gut genug sind.“ Das ist ziemlich abstrakt, aber der Job beinhaltet eine Menge abstraktes Denken darüber, was für unsere Kunden wirklich wichtig ist und was in der Technologiewelt bekannt ist.

Typische Aufgaben bestehen darin, ein Problem zu finden, es zu analysieren und einen Beitrag zur Lösung zu leisten. Im Idealfall finde ich ein sehr knackiges und kritisches Problem, das ich dann in einem plötzlichen Geistesblitz komplett löse. In einer früheren Firma ist mir zum Beispiel eine elegante und wichtige Erfindung auf diese Weise gelungen. Es freut einen natürlich sehr, wenn so etwas passiert, allerdings geschieht es leider fast nie auf diesem Weg. In aller Regel vollzieht sich die Lösung meist in kleinen Schritten. Vielleicht unternehme ich auch nicht mehr, als klare und sorgfältige Zusammenfassungen der Probleme, die ich gefunden habe, aufzuschreiben, damit das ganze Unternehmen auf den gleichen Stand kommt und herausfinden kann, was als nächstes zu tun ist.

In welchen Bereichen kommen Chief Scientists zum Einsatz?

Day: Ich interagiere viel mit dem Engineering, dem Produktmanagement, dem Marketing, dem Vertrieb, dem Support und der Unternehmensentwicklung. Tatsächlich arbeite ich mit so ziemlich dem gesamten Unternehmen zusammen, außer mit der Personal- und Finanzabteilung. Oft spreche ich mit Kunden, was mir sehr viel Spaß macht. Manchmal reagiere ich auf die Anfrage von Dritten und manchmal stoße ich die Aktivität an.

Bei Netskope bin ich Teil der Engineering-Abteilung und berichte an den Chief Development Officer. Zuvor war ich Chief Scientist in einem anderen Unternehmen, wo ich an den CEO berichtete. Wenn ich die beiden Jobs miteinander vergleiche, habe ich aber das Gefühl, dass die Unterschiede in den Branchen und Technologien der Unternehmen eine größere Rolle spielen als der Unterschied in der Berichtsstruktur.

Bei welcher Art von Unternehmen werden Chief Scientists beschäftigt?

Day: Bei wissenschaftsorientierten Unternehmen ist diese Position eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Bei Software-Unternehmen findet man vor allem dann Chief Scientists, wenn es einen starken Bedarf an Innovation und Vertrauen in den Umgang mit Forschungsfragen gibt.

Ich habe bisher nur in Unternehmen gearbeitet, in denen sich die Rollen des CTO (Chief Technology Officer) und des Chief Scientist stark überschneiden. Ein Grund für die Einstellung eines Chief Scientist ist also oftmals eine Überlastung des CTO. Entsprechend muss man die Verantwortung untereinander klug aufteilen, idealerweise auf Grundlage der Persönlichkeiten und Fähigkeiten der jeweiligen Personen.

Welche Fähigkeiten und Eigenschaften sollte ein Chief Scientist mitbringen?

Day: Arbeitet man als eine Art Einzelkämpfer ist die Position ähnlich einer Postdoc-Stelle in der Wissenschaft. Als Manager ist sie dem Leiten einer Forschungsgruppe oder eines kleinen Labors vergleichbar. In beiden Fällen sucht man nach Möglichkeiten, einen Beitrag zur Lösung zu leisten und muss intuitiv die eigenen Fähigkeiten, die Probleme des Unternehmens und den Stand der Technik und Forschung in Einklang bringen. Manchmal bringen einen die zu lösenden Probleme dazu, sich in Themenbereiche und Forschungsbereiche einzuarbeiten. Manchmal gibt es aber auch Entwicklungen mit hohem Potenzial in der Forscher-Community, und man sucht nach einer Möglichkeit, sie im Unternehmen zu nutzen.

Mark Day, Netskope

„Typische Aufgaben bestehen darin, ein Problem zu finden, es zu analysieren und einen Beitrag zur Lösung zu leisten.“

Mark Day, Netskope

Der wohl beste Weg, diese forschungsbezogenen Fähigkeiten zu entwickeln, ist ein wissenschaftlich-technischer Doktortitel und ein Aufenthalt in einer forschungsorientierten Organisation wie einer Universität oder einem Industrielabor. Wie bei den meisten leitenden Positionen ist es auch hier wichtig, dass man sich bei öffentlichen Reden wohlfühlt und sich klar ausdrücken und schreiben kann.

Je nachdem, welche Art von externen Beziehungen für das Unternehmen wichtig sind, können zudem Erfahrungen mit Hochschulen, Normungsorganisationen und Analysten eine gewisse Rolle spielen. 

Welche Tools und Ausrüstung verwenden Chief Scientists?

Day: Ich habe keine speziellen Tools oder Geräte, die über das hinausgehen, was jeder andere leitende Angestellte im Unternehmen einsetzt. Ich habe einen Laptop, den ich für E-Mail, Slack, Zoom, das Schreiben von Dokumenten und das Erstellen von Präsentationen verwende. Ich habe Zugriff auf Salesforce wie ein Vertriebsleiter und Zugriff auf alle unsere technischen Tickets in Jira wie jeder andere technische Leiter.

Insofern sind meine zwei Hauptwerkzeuge auch anderer Natur: Erstens eine wissenschaftliche Einstellung und zweitens das Vertrauen aus meiner bisherigen Erfahrung, dass, wenn ich etwas nicht verstehe, es fast sicher ist, dass viele andere Leute es auch nicht wirklich verstehen.

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