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Fujitsu Forum 2018: Service-Offensive und Neustrukturierung

Fujitsu sprach zu Beginn des eigenen Forums fast Mantra-artig nur über die geplanten Umstrukturierungen und den Fokus auf Services, dass andere News fast untergingen.

Das diesjährige Fujitsu Forum startete am 6. November 2018 mit zwei Pressekonferenzen, die vor allem die Umstrukturierung und die strategischen Service-Pläne des Unternehmens als Hauptthema hatten. Die eigentlichen Meldungen gingen da fast unter. Hier die wichtigsten Ankündigungen des japanischen Herstellers im Kurzüberblick.

Fujitsu PRIMEFLEX für Microsoft Azure Stack für Cloud-Anpassungen

Der neue PRIMEFLEX für Microsoft Azure Stack bietet eine Lösung für Unternehmen, die die Vorteile der Public Cloud voll ausschöpfen wollen, aber aufgrund von Sicherheits-, Datenhoheits-, Compliance- oder Leistungsanforderungen auch einige geschäftskritische Daten lokal vorhalten wollen oder müssen. Bei dieser Lösung handelt es sich um eine leistungsstarke, skalierbare und vorab getestete Infrastruktur für die Bereitstellung von Azure-basierten Diensten und hybriden Anwendungen.

Die Lösung wird auf einer PRIMERGY-Serverplattform für Microsoft Hyper-V-Clusterumgebungen getestet und ausgeliefert. Sie bietet laut Hersteller hohe Virtualisierungsleistung sowie wirtschaftlichen und energieeffizienten Betrieb. Der Fujitsu Software Infrastructure Manager (ISM) soll die Verwaltung der Infrastruktur vereinfachen und einen ausfallsicheren, flexiblen und automatisierten Betrieb gewährleisten.

PRIMEFLEX für Microsoft Azure Stack kombiniert die private Cloud mit verbrauchsabhängigen Lizenzmodellen. Zu den Funktionen gehören monatliche nutzungsabhängige Abrechnungsoptionen, mit denen Azure-Dienste in bestehende Lizenzverträge integriert werden können. Der Anbieter kann Kunden auch bei der Entwicklung von Lizenzlösungen unterstützen, die mit den jeweiligen Budgetanforderungen abgestimmt sind. Optional ist ein Backup für Daten On-Premise über eine integrierte Fujitsu ETERNUS CS Appliance erhältlich, und Azure kann über den Fujitsu Enterprise Service Catalog Manager (ESCM) mit anderen Cloud-Lösungen in eine konsistente, Multi-Cloud-fähige Umgebung integriert werden.

Fujitsu und Microsoft beschleunigen die Bereitstellung unternehmenskritischer Workloads auf Azure

Fujitsu und die Microsoft Corporation wollen durch ein neues globales Abkommen über eine Systemintegrator-Partnerschaft die Bereitstellung der Microsoft Azure Cloud für Unternehmen beschleunigen. Dies soll es Unternehmen möglich machen, den nächsten Schritt in ihrer digitalen Transformation nahtlos zu vollziehen – durch die Verlagerung unternehmenskritischer Workloads in hybriden IT-Landschaften auf ein Cloud-basiertes One-Stop-Delivery- Modell.

Fujitsu gründet Fujitsu Intelligence Technology für die Expansion des globalen KI-Geschäfts

Fujitsu kündigte zudem die Gründung eines neuen Unternehmens an, das als globale Drehscheibe für den Ausbau des KI-Geschäftsbereichs dienen soll. Die Fujitsu Intelligence Technology arbeitet daran, den KI-Sektor von Fujitsu weiter auszubauen, indem es die innovativen Technologien und -Lösungen, die das Unternehmen in Japan und weltweit entwickelt hat, in Vancouver zusammenführt und dann jeder Region als globale Produkte und Dienstleistungen wieder zur Verfügung stellt.

Fujitsu Sholark: Künstliche Intelligenz und Data Analytics für zügige digitale Transformation von Geschäftsprozessen

Fujitsu will Unternehmen einen neuen, unkomplizierten Weg bieten, die digitale Transformation ihrer Geschäftsprozesse zu beschleunigen: Das Framework Sholark von Fujitsu erlaubt nach eigenen Angaben den integrierten Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Data Analytics zur gezielten Unterstützung von Geschäftsentscheidungen. Das Framework soll die Implementierung komplexer, KI-basierter Projekte signifikant beschleunigen. Zudem können laut Fujitsu auch Mitarbeiter mit geringer Technikaffinität die Lösung für ihre Entscheidungsfindung einfach nutzen.

Emissionsarmes Rechenzentrum in der Windturbine mit Fujitsu

Server- und Storage-Technologie von Fujitsu liefert die Rechenleistung für eines der weltweit ersten annähernd emissionsfreien Rechenzentren. Eingebaut ist es in einer Windturbine in Deutschland. Als Bestandteil der WindCORES-Initiative des deutschen Energieversorgers WestfalenWIND IT ermöglicht die neue Hosting-Lösung dem Fujitsu SELECT Partner Green IT - Das Systemhaus (Green IT), besonders nachhaltige und kosteneffiziente Cloud Services hierzulande anzubieten.

Kommentar: Was wirklich wichtig war

Auf beiden Pressekonferenzen wurden die oben beschriebenen Lösungen aber nicht in den Mittelpunkt gerückt. Viel mehr schien es dem Unternehmen sehr wichtig, die künftige Neuausrichtung – strategisch und unternehmerisch – umfassend zu erläutern.

So stand im Rahmen der deutschen Pressekonferenz natürlich auch das Thema der Werksschließung in Augsburg im Fokus (searchstorage.de berichtete hier). Gleich zu Beginn fasste Vera Schneevoigt, Managing Director bei Fujitsu, erneut die offiziellen Aussagen vom Oktober zusammen und räumte unverblümt ein, dass die Situation nach wie vor schwierig sei und man die Gespräche auf allen Ebenen erst begonnen hätte. Sie betonte aber ganz klar, dass es nur den internen Bemühungen zu verdanken sei, dass die Fertigung so lange in Deutschland gehalten werden konnte. Nach ihren Angaben hat sich die Sicht auf die Wertschöpfungskette verändert und der Druck in Hinsicht der Löhne und der Materialbeschaffung drastisch verstärkt. Den Massenproduktionen in Niedrigkostregionen und den großen globalen Herausforderungen hätte der Augsburger Standort selbst bei kosteneffizienten Löhnen auf Dauer nicht Stand halten können. Aufgrund dessen kam man zur Entscheidung, diese Kompetenzen nach Asien zu verlegen. Betroffen sind deutschlandweit 1.800 Mitarbeiter, für die nun sämtliche Gremien wie beispielsweise der Betriebsrat nach einer sozial verträglichen Lösung suchen. Spätestens 2020 soll der Abbau abgeschlossen sein.

Zudem erklärte das Unternehmen seine Gewinnmarge innerhalb der nächstenb vier Jahre auf 10 Prozent zu erhöhen. Das lässt sich natürlich nur entweder mit entsprechend guten Lösungen und/oder speziellen Umstrukturierungen erreichen. Fujitsu ließ sich zwar nicht entlocken, ob nun über kurz oder lang Partner Lenovo die Fertigung übernimmt, aber davon darf man sicher ausgehen. Damit würden dann die Kosten hierfür komplett verschoben. Zudem wird auch nur eine geringe Zahl der 1.800 betroffenen deutschen Mitarbeiter in andere Positionen weiterbeschäftigt werden. Das Unternehmen räumte ein, dass sich zwar einige Kompetenzen weiter nutzen bzw. umschulen lassen, dieser Anteil aber eher gering ausfällt. Keine guten Nachrichten, für die Augsburger Region im Besonderen. Da wird auch die lokale Unterstützung durch den Wirtschaftsminister, die Sozialministerin sowie den Oberbürgermeister und die stellvertretende Bürgermeisterin nur bedingt helfen können.

Aber die Umstrukturierung betrifft nicht nur die deutsche Belegschaft. So erklärte der Präsident des Unternehmens, Tatsuya Tanaka, dass es drastische Einschnitte im Management geben wird. Geplant ist, nur an Standorten mit großer Kundenbasis Managementpositionen zu erhalten, was das globale Management in etwa halbieren wird. Aber auch vor dem Vorstand wird nicht halt gemacht: Duncan Tait, SEVP EMEIA, sowie Norihiko Taniguchi, Representative Director President, müssen ihre Stühle räumen. Im Falle von Tait hieße es von unbestätigter Seite, dass er die angestrebten Ziele nicht erfüllt hätte. Für ihn muss die besonders bitter sein, denn er war der erste Europäer, den Fujitsu in den Vorstand berief.

Um im Wettbewerb wieder den Anschluss zu finden, will sich Fujitsu nun auf Services rund um digitale Transformation, Smart Factory, Blockchain und Industrie 4.0 konzentrieren. Zu den üblichen Zielmärkten gehören auch unter anderem die vertikalen Märkte wie Public Sector, Automotive und Manufacturing. Egal um welches Innovations- und Investitionssegment es ging, Fujitsu will flächendecken integrative Services offerieren.

Es scheint die Tage des produktgetriebenen Geschäfts sind bei Fujitsu endgültig gezählt. Im Zeitalter der Clouds und Künstlichen Intelligenz sowie des Machine Learnings sicher keine schlechte Idee, trotzdem könnte dieser Strategiewechsel zu spät kommen. Viele große Unternehmen haben diese interne Transformation schon vor langem begonnen und erfolgreich umgesetzt und bieten bereits entsprechende Service-Lösungen. Und Start-ups, die quasi nur in der Cloud gewachsen sind, sind auch einen Schritt voraus. In Europa und Deutschland funktionierte eben das Geschäft noch mit den physischen Produkten und war ein guter Ansatzpunkt, um dann additionale Services anzubieten. Ob die Vertriebsstruktur reif für das reine Service-Geschäft ist, bleibt auch fraglich.

Zudem fiel auf, dass die eigentlichen Ankündigungen wirklich zweitrangig schienen. Es ging darum, die Service-Idee wie ein Mantra den anwesenden Medien einzubläuen sowie das Margin-Ziel und die damit verbundenen Umstrukturierungen zu rechtfertigen. Die nahe Zukunft wird für das Unternehmen nicht nur anspruchsvoll, sondern auch entscheidend. Weniger Mitarbeiter mit den mehr Aufgabenfeldern – immerhin müssen ja die Aufgaben der ausgedünnten Manager weiterhin erledigt werden – dazu ein höheres Margin-Ziel und eine endgültige Strategieoffensive in Richtung „Services only“. Klingt alles stark nach einer Firma, die große Unternehmungen betreibt, um nicht im Wandel des IT-Geschäfts unterzugehen.

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