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Die Digitalisierung betrifft komplette Warenwirtschaft

E-Commerce ist fester Bestandteil des Alltags vieler Menschen. Ladengeschäfte werden aber nicht aussterben. Sie bleiben eine wichtige Ergänzung, um Kunden zu überzeugen.

Im Frühjahr 2019 wurde der letzte OTTO-Katalog gedruckt. Das ist nur ein Beispiel, der die Veränderung im Einzelhandel in Deutschland verdeutlicht. Das deutsche Traditionsunternehmen reagiert damit auf das veränderte Einkaufsverhalten der Kunden.

Nicht alle Branchen kommen komplett ohne ausgedruckte Kataloge oder Werbung klar, allerdings muss jeder Händler in Omnichannel-Strategien investieren: Moderne Verbraucher recherchieren online und kaufen in der Filiale vor Ort oder umgekehrt. Die Kundenerfahrung ist keine Einbahnstraße mehr, sondern ein kanalübergreifendes Erlebnis. Der Weg von Information hin zum eigentlichen Einkauf enthält viele Interaktionsmöglichkeiten zwischen physischen Geschäften, Bildschirmen und sogar Social-Media-Kanälen.

Die Digitalisierung erhöht die Erwartungshaltung und den Wettbewerb. Benutzer erwarten einen reibungslosen Übergang zwischen verschiedenen Plattformen, seien sie rein digital oder eine Mischung aus Onlineshopping und Ladengeschäft. Einzelhändler, die zu wenig verkaufen, riskieren den Verlust gegenüber einem Wettbewerber.

Der Connectivity Benchmark Report 2019 zeigt aber, dass nur 36 Prozent aller Firmen eine echte Vernetzung der Nutzererfahrung über mehrere Plattformen hinweg bieten können. Im Rahmen der internationalen Umfrage wurden 650 IT-Entscheider aus Enterprise-Unternehmen in USA, UK, Deutschland, Niederlande, Österreich, Singapur und VR China befragt.

Allerdings geben fast sämtliche Organisationen (97 Prozent) an, dass sie aktuell an Initiativen zur digitalen Transformation arbeiten. Speziell für Händler und Vertrieb ist dieser Bereich wichtig. Am Beispiel OTTO erkennt man, dass klassische Offline-Ansätze nicht mehr rentabel sind und die Umsätze zurückgehen. Gleichzeitig wächst aber das Absatzpotential durch neue Vermarktungskanäle in der Onlinewelt. Der Schlüssel zu wachsenden Umsätzen ist daher ein einzigartiges Omnichannel-Erlebnis für die Kunden.

Daten aus Silos entsperren

Dabei geht es mehr als um Onlineshops. Man sollte die Kunden nicht auf einen Ansatz reduzieren, sondern immer die Rundumsicht ermöglichen, sei es über eine mobile App, eine Desktop-Website oder im Ladengeschäft.

Der Schlüssel zum Omnichannel ist der heilige Gral des Einzelhändlers: ein 360-Grad-Überblick mit kontextbezogenen Details. Im Idealfall wird für den Kunden der gewählte Weg zur umfassenden Informationsquelle, die die Kaufhistorie und die Einkaufspräferenzen jedes Kunden enthält. Personalisierung bedeutet dabei nicht nur eine In-App-Funktion, sondern sollten auch den Servicemitarbeitern in der Filiale helfen, den Kunden zu beraten.

Der Aufbau einer 360-Grad-Kundensicht erfordert von den Einzelhändlern, dass sie Kundendaten richtig verarbeiten. Dabei darf nicht der Eindruck einer Datenkrake entstehen, sondern es gilt durch aussagekräftige Erkenntnisse über jeden Berührungspunkt einen nachhaltigen Eindruck beim Kunden zu erzeugen. Doch gerade hier beginnen traditionelle IT-Ansätze die Belastung zu spüren. Schnell entstehen Informationssilos, die alle Prozesse zum Stocken bringen.

Das Problem ist, dass zu häufig auf monolithische Ansätze bei der Verarbeitung von Kundendaten gesetzt wird. Allerdings sind Ansätze mit einem zentralen Data Warehouse nicht tragbar. Sie sind nicht in der Lage, eine genaue und konsistente Sicht auf den Kunden in Echtzeit zu liefern, um diese wichtigen personalisierten Erfahrungen zu unterstützen. Speziell in kritischen Momenten wie der Kaufentscheidung wächst die Datenmenge durch die Masse an vorherigen Interaktionen. Hier darf es nicht zu Ausfällen kommen, sonst orientieren sich Kunden um.

Wegweisend bei APIs

Immer mehr Einzelhändler setzen auf APIs. Sie fungieren als eine Art digitaler Klebstoff, der es Systemen, Anwendungen und Geräten ermöglicht, miteinander zu kommunizieren, indem sie Daten austauschen, unabhängig davon, wo sich die Informationen befinden und in welchem Format sie vorliegen. Zum Beispiel können APIs Echtzeit-Inventare für mobile Apps sowie Websites von Drittanbietern sichtbar machen oder Filialstandorte über Mapping-Anwendungen anzeigen.

Ein erfolgreiches Beispiel ist die Modekette GANT. Durch eine Umstellung auf den Omnichannel-Ansatz stieg deren Rentabilität um 30 bis 40 Prozent. Die erhöhte Nachfrage führte aber auch zu Lieferengpässen, die ebenfalls durch eine passende Softwareintegration gelöst wurde. GANT schlug daher einen OSSC-Service (Online Store Stock Check) für Online-Kunden vor, um die nahegelegenen Geschäfte zu überprüfen, um zu sehen, ob ein Artikel dort auf Lager ist, und ihn sogar mit ein paar Klicks nach Hause liefern zu lassen.

Paul Crerand, MuleSoft

„Die Filiale wird nicht aussterben und ist immer noch eine wichtige Plattform, um Kunden zu überzeugen. Wichtig ist, die nahtlose Brücke zur digitalen Welt zu schlagen.“

Paul Crerand, MuleSoft

GANT erreichte dies durch die Entwicklung einer API, die Daten aufbereitet und mit Bestandsdaten aus dem zentralen Retail-System abgleicht, bevor sie dem Kunden angezeigt werden. Der Kunde kann dann den Laden anrufen oder das Produkt dort kaufen. GANT war auch in der Lage, diese Assets wiederzuverwenden, indem diese in seinem Application Network freigelegt wurden, so dass der Einzelhändler das gleiche Feature dreimal schneller auf fünf verschiedenen Märkten einführen konnte, als dies bei einem traditionellen Punkt-zu-Punkt-Ansatz für die Systemintegration der Fall wäre.

APIs sind Schlüssel zur digitalen Innovation

E-Commerce ist fester Bestandteil des Alltags. In der Tat gibt es Branchen, in denen es immer weniger Ladengeschäfte gibt. Die Filiale wird aber nicht aussterben und ist immer noch eine wichtige Plattform, um Kunden zu überzeugen. Wichtig ist, die nahtlose Brücke zur digitalen Welt zu schlagen.

Infolgedessen werden immer mehr Einzelhändler dem Beispiel von GANT folgen und im kommenden Jahr APIs und Applikation Networks integrieren. Die Alternative besteht darin, ihren digital versierten Konkurrenten zuzusehen, wie sie im Wettlauf um Verbraucherherzen und Geldbörsen die Nase vorn haben.

Über den Autor:
Paul Crerand ist Director of Solution Consulting EMEA bei MuleSoft.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder und entsprechen nicht unbedingt denen von ComputerWeekly.de.

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