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Kommt das endgültige Aus für die Vorratsdatenspeicherung?

Das neue Urteil des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) könnte das endgültige Aus für die VDS bedeuten. Doch was plant die Politik als weitere Schritte?

Die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung (VDS) scheint ebenso wenig enden zu wollen wie die Versuche, ein entsprechendes nationales Gesetz auf den Weg bringen zu wollen, dass die bekannten Vorgaben des EuGH (Europäischen Gerichtshofes) wieder einmal nicht einhält.

Bei der Vorratsdatenspeicherung beziehungsweise Mindestspeicherfrist von Verbindungsdaten bestünden derzeit für die Erhebung und dauerhafte Speicherung personenbezogener Daten hohe Hürden, so zum Beispiel die Deutsche Polizeigewerkschaft (DpolG). Dabei gehe es nicht um die Speicherung von Inhalten, sondern um das Erfassen der Verkehrsdaten. Nur über diese könne die Zuordnung von IP-Adressen zu konkreten Personen erfolgen. Das sei unerlässlich, zum Beispiel im Bereich der Strafverfolgung von kinderpornographischen Inhalten.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hatte dagegen im Bundestag im Rahmen der rechtspolitischen Agenda dieser Legislaturperiode gesagt, im Bereich der Bürgerrechte werde man für eine neue Balance von Sicherheit und Freiheit sorgen und die Vorratsdatenspeicherung aus dem Gesetz streichen. „Stattdessen geben wir den Ermittlungsbehörden das Instrument Quick Freeze in die Hand. Das heißt: Wenn es einen Anlass gibt, also einen Verdacht eines schweren Verbrechens, dann ordnet ein Richter die Speicherung von Telekommunikationsdaten an“, so der Bundesjustizminister. Das sei „rechtsstaatlich sauber und grundrechtsschonend“.

Neues Urteil des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung (VDS)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun erneut bestätigt, dass das Unionsrecht einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten, die elektronische Kommunikationen betreffen, zur Bekämpfung schwerer Straftaten entgegensteht.

Die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation beschränkt sich demnach nicht darauf, den Zugang zu solchen Daten durch Garantien zu regeln, die Missbrauch verhindern sollen, sondern regelt insbesondere auch den Grundsatz des Verbots der Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten.

Laut EuGH ist die Vorratsdatenspeicherung in wenigen Fällen ausnahmsweise möglich, bei einer gezielten Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten, Identitäten von Telefonnutzern und IP-Adressen oder wenn die Daten quasi „eingefroren“ werden, kommentiert die Bundesrechtsanwaltskammer.

Aus Anlass der Entscheidung des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung erklärte Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann: „Der EuGH hat erneut die Bedeutung der Grundrechte im digitalen Raum bekräftigt und uferlosen Datenspeicherungen eine klare Absage erteilt. Wir haben bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die anlasslose Vorratsdatenspeicherung auch in Deutschland abschaffen werden. Dieses Vorhaben wird durch das Urteil nochmals bestärkt. Eine zeitgemäße Strafverfolgung braucht präzise und grundrechtsschonende Ermittlungsbefugnisse im digitalen Raum. Das heutige Urteil bekräftigt die bisher ergangene Rechtsprechung und enthält wichtige rechtliche Vorgaben für die Umsetzung dieses Vorhabens.“

Quick Freeze ist Alternative, doch Pläne für eine VDS bestehen weiterhin

Das Instrument Quick Freeze wird schon seit langem als Alternative vorgeschlagen, technische Lösungen sind ebenso bereits verfügbar. Bereits 2010 erklärte der damalige Bundesdatenschutzbeauftragte: „Bei Quick Freeze handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren, um Telekommunikationsdaten zu sichern, die im Rahmen der Strafverfolgung, bei Urheberrechtsverstößen oder zur Gefahrenabwehr erforderlich sind.“

In der ersten Stufe würden die Anbieter von Telekommunikationsdiensten verpflichtet, bestimmte, in der Anordnung näher benannte Verkehrsdaten nicht zu löschen. Dies könnten etwa die Daten eines Netzknotens, von dem aus Hackerangriffe erfolgt sind, oder Daten einer bestimmten Person, die einer Straftat verdächtig ist, sein. Innerhalb einer vorgegebenen Frist müssten die Ermittlungsbehörden den Nachweis erbringen, dass ihnen die vorgehaltenen Daten nach den gesetzlichen Vorgaben in einem Ermittlungsverfahren übermittelt werden müssen. Diese Auskunft bedürfe einer richterlichen Genehmigung. Sofern innerhalb der Frist keine entsprechende Anordnung ergeht, wären die Daten zu löschen.

„Deutschland möchte die anlasslose Vorratsdatenspeicherung stoppen, doch das wird Makulatur, wenn die EU-Kommission sie wie geplant europaweit wieder einführt“, so der EU-Abgeordnete, Bürgerrechtler und Jurist Dr. Patrick Breyer.

Es bleibt also abzuwarten, welche Vorhaben auf der Ebene der EU-Mitgliedsstaaten und bei der EU-Kommission nun vorangetrieben werden, ob also Quick Freeze als Alternative zur VDS politisch akzeptiert wird.

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