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Die Gefahr und die Probleme von Multivendor SD-WAN

Geografische Erwägungen sind oft ein Hauptgrund, warum Unternehmen herstellerübergreifendes SD-WAN einsetzen. Diese Netzwerkumgebungen haben jedoch erhebliche Nachteile.

Multivendor-Netzwerke sind kein neues Konzept. Eine IT-Organisation verwendet vielleicht einen Anbieter für das Switching und einen anderen für das WLAN, um die führende Technologie der beiden Anbieter zu nutzen. Ein anderes Unternehmen setzt möglicherweise auf zwei verschiedene Switching-Anbieter in einem Data Center, um die Preisgestaltung durch die einzelnen Anbieter zu optimieren.

Aber ist ein herstellerübergreifendes softwaredefiniertes WAN (SD-WAN) überhaupt sinnvoll? Technisch gesehen handelt es sich bei SD-WAN um einen Overlay-Service. Ein Unternehmen setzt ihn über ein bestehendes WAN-Underlay ein, um ein hybrides Netzwerk zu schaffen, das MPLS, Breitband, Mobilfunknetze und andere Dienste miteinander kombiniert. Aus dieser Perspektive würde die Verwendung mehrerer SD-WAN-Anbieter in der Overlay-Ebene lediglich zu einer unnötigen Komplexität führen. Aber genau das ist es, was eine wachsende Zahl von IT-Unternehmen heute tut.

Eine Studie von Enterprise Management Associates (EMA) hat ergeben, dass mehr als 40 Prozent der Unternehmen mehrere SD-WAN-Anbieter einsetzen oder dies planen. Die EMA-Forschung ergab auch, dass die Zahl der Unternehmen, die davon überzeugt sind, dass sie ein SD-WAN mit nur einem Anbieter betreiben können, von 59 Prozent im Jahr 2020 auf 49 Prozent im Jahr 2023 gesunken ist. Diese Zahlen wurden in einem Marktforschungsbericht veröffentlicht, der auf einer Umfrage unter 313 IT-Experten basiert, die sich mit SD-WAN beschäftigen.

Beweggründe für herstellerübergreifendes SD-WAN

EMA bat die Umfrageteilnehmer, die Gründe für ihre Entscheidung für herstellerübergreifendes SD-WAN zu nennen. Die Befragten nannten drei Hauptgründe und zwei Nebengründe.

Haupttreiber

  • Technische Anforderungen: Neunundfünfzig Prozent der Unternehmen haben spezifische Anforderungen an die SD-WAN-Funktionalität, die sie dazu gezwungen haben, mehrere Anbieter zu wählen. Sie benötigten beispielsweise integrierte 5G-Konnektivität in einer bestimmten Region, aber starke WAN-Beschleunigungsfunktionen in einer anderen Region.
  • Standortvielfalt: 54 Prozent haben Standorte mit unterschiedlichen Anforderungen. So könnte ein Unternehmen beispielsweise Einzelhandelsstandorte haben, die eine bestimmte Art von Service benötigen, und Produktionsstandorte, die eine andere Art von Service erfordern.
  • Mangel an zentraler Kontrolle: 49 Prozent der Unternehmen haben Geschäftseinheiten mit unabhängigen Technologiestrategien. Unglücklicherweise ist das Netzbetriebsteam oft mit der Verwaltung beider Netzwerke betraut.

Sekundäre Treiber

  • Fusionen und Übernahmen: 22 Prozent haben mit der Zusammenführung mehrerer Unternehmen mit bereits bestehenden SD-WAN-Implementierungen zu tun.
  • Schrittweise Migration von einem Anbieter zum anderen: 21 Prozent der Unternehmen wechseln vorübergehend von einem alten SD-WAN-Anbieter zu einem neuen Hersteller. Leider kann diese Migration Jahre dauern. In der Zwischenzeit muss das Netzwerkteam mehrere Dienste verwalten.

Beispiele für Multivendor SD-WAN

Ein Netzwerkingenieur eines 200-Milliarden-Dollar-Unternehmens aus dem Gesundheitswesen gab an, dass zwei der oben genannten Punkte für sein Multivendor SD-WAN ausschlaggebend waren. Er sagte, dass er für ein großes Unternehmen arbeitet, das ständig Firmen aufkauft. Infolgedessen kommen neue Technologien und Geräte hinzu, was bedeutet, dass die Infrastruktur zusammengeführt werden muss. Ein weiterer Faktor ist, dass das Unternehmen als zwei Firmen agiert: eine in den USA und eine überall sonst.

Manchmal gelingt es einem Unternehmen, eine SD-WAN-Strategie mit nur einem Anbieter zu etablieren, nur um dann festzustellen, dass die Komplexität mit mehreren Anbietern bestehen bleibt.

Zum Beispiel sagte ein Direktor für Network Operations bei einem multinationalen Hersteller mit einem Umsatz von 37 Milliarden Dollar, dass sein Unternehmen auf einen einzigen SD-WAN-Anbieter standardisiert hat, aber das Unternehmen mit mehr als einem halben Dutzend MSPs arbeitet, um die Plattform zu betreiben. Diese MSP-Komplexität ist geografisch bedingt. Kein MSP war in der Lage, die gesamte globale SD-WAN-Implementierung des Unternehmens zu verwalten. Jeder MSP bietet im wesentlichen einen eigenen Service an und betreibt nur einen Teil des gesamten globalen Netzwerks.

Herausforderungen bei Multivendor SD-WAN

Die EMA-Untersuchung ergab, dass SD-WAN-Umgebungen mit mehreren Anbietern in der Regel Schwierigkeiten haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen mit ihren SD-WAN-Implementierungen erfolgreich sind, ist größer, wenn sie eine Umgebung mit nur einem Anbieter haben. Zum Beispiel hatten 53 Prozent der erfolgreichsten Unternehmen nur einen SD-WAN-Anbieter, aber nur 13 Prozent der am wenigsten erfolgreichen Unternehmen arbeiteten mit einem einzigen Hersteller.

Unternehmen mit mehreren Anbietern nannten die größte Herausforderung bei der Verwaltung von mehr als einer SD-WAN-Plattform. Ihre Antworten waren:

  1. Konsistente Sicherheit (24 Prozent): Unternehmen haben Schwierigkeiten, Sicherheitsrichtlinien für mehrere Anbieter zu übersetzen. Jeder Anbieter hat unterschiedliche Sicherheitsfunktionen, aber auch unterschiedliche Änderungskontrollen. Wenn das Sicherheitsteam eine neue Richtlinie einführt, muss das Netzwerkteam sicherstellen, dass diese Richtlinie bei zwei oder mehr Anbietern korrekt umgesetzt wird.
  2. Qualifikationsdefizite (18 Prozent): Das Netzwerkteam muss Fähigkeiten und Fachwissen für zwei oder mehr SD-WAN-Anbieter entwickeln. Die Anbieter verfügen zwar über ähnliche Funktionen, aber die Nomenklatur der einzelnen Anbieter ist unterschiedlich, so dass Schulungen erforderlich sind. Auch die erforderliche Tiefe des Netzwerk-Know-hows kann von einem Anbieter zum anderen variieren. So kann ein Produkt einfach über eine grafische Oberfläche verwaltet werden, während eine andere Lösung für erweiterte Funktionen eine Befehlszeilenschnittstelle benötigt.
  3. Kosten (15 Prozent): Die Kosten für die Verwaltung mehrerer Anbieter können sich summieren, und zwar in Form von Investitionsausgaben, Softwareabonnements und Stunden, die das Netzwerkteam für die Verwaltung der Komplexität aufwendet.
  4. Schlechter Cloud-Zugang (15 Prozent): SD-WAN-Anbieter unterscheiden sich darin, wie sie sich mit Cloud-Anbietern integrieren und Konnektivität in Cloud-Umgebungen bereitstellen. Außerdem sind die meisten Unternehmen heute Multi-Cloud-Nutzer. Diese beiden Faktoren führen dazu, dass es schwierig ist, über mehrere SD-WAN-Anbieter einen konsistenten Zugang zu Cloud-Diensten bereitzustellen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen mit ihren SD-WAN-Implementierungen erfolgreich sind, ist größer, wenn sie eine Umgebung mit nur einem Anbieter haben.

Was können Sie tun?

Viele Netzwerkmanager können nicht verhindern, dass Multivendor SD-WAN in ihre Umgebungen eindringt. Netzwerkprofis müssen jedoch versuchen, die Stimme der Vernunft zu sein. Wenn Multivendor SD-WAN auf Sie zukommt, sollten Sie eine Warnung vor Sicherheitsproblemen, Qualifikationslücken und Kostenüberschreitungen aussprechen.

Auch wenn Sie die Flut der Multivendor-Lösungen nicht aufhalten können, ist es dennoch möglich, erfolgreich zu sein. Eine Empfehlung lautet, eine effektive Netzwerküberwachung mit einem Monitoring-Tool einzurichten, das eine Ende-zu-Ende-Betriebssicht auf Ihr gesamtes Netzwerk über mehrere SD-WAN-Plattformen hinweg bieten kann.

Arbeiten Sie auch mit der Sicherheitsgruppe zusammen, um einen effektiven Ansatz für Sicherheitsrichtlinien und -kontrollen zu erhalten. Der Einsatz eines Netzwerksicherheitsdienstes eines Drittanbieters, der sich in alle SD-WAN-Anbieter integrieren lässt, kann Ihnen beispielsweise beim Aufbau einer einheitlichen Sicherheitsarchitektur helfen.

Schließlich nehmen die meisten Unternehmen SD-WAN als Managed Service in Anspruch. Wenn dies in Ihrem Unternehmen der Fall ist, sollten Sie einen MSP suchen, der Ihr Ende-zu-Ende-WAN unabhängig von der Anzahl der installierten SD-WAN-Anbieter verwalten und betreiben kann. In einem solchen Fall könnte ein MSP bereit sein, ein in einem Teil Ihres Unternehmens installiertes SD-WAN zu übernehmen und im Gegenzug seinen bevorzugten SD-WAN-Anbieter in den Rest Ihres Netzwerks zu bringen.

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Über den Autor:
Shamus McGillicuddy ist Vizepräsident der Forschungsabteilung für das Netzwerkmanagement bei Enterprise Management Associates (EMA). Er verfügt über mehr als neun Jahre Erfahrung in der IT-Branche, vor allem als Journalist, der über den Markt für Netzwerkinfrastruktur berichtete.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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